Ziel einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen
Wie bei den anderen Gefährdungsbeurteilungen auch, soll eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen dazu beitragen,
- Sie und Ihre Kollegen gesund zu halten, indem Belastungen frühzeitig erkannt werden,
- dem Entstehen von Erkrankungen mit psychischen Ursachen vorzubeugen,
- die Zahl der Ausfalltage zu reduzieren,
- gefährdete Beschäftigte länger aktiv im Berufsleben zu halten,
- die Zahl ungewollter Frühverrentungen zu senken.
Leistungsfähig sind diejenigen Kollegen, die sich am Arbeitsplatz wohlfühlen. Wenn dieses positive Empfinden am Arbeitsplatz dauerhaft gestört wird, ob durch Arbeitsüberlastung, durch Mobbing oder andere Faktoren, leidet darunter nicht nur der einzelne Mitarbeiter, sondern letztlich meist auch die wirtschaftliche Entwicklung Ihres Betriebs.
Setzen Sie sich für eine gesunde Arbeitsumgebung ein
Grund genug für Sie als Betriebsrat, sich für die psychische Gesundheit einzusetzen. Ganz klar ist: Ein Arbeitgeber ist in den seltensten Fällen allein für ein schlechtes Arbeitsklima verantwortlich. Zudem ist es nicht Ihre Aufgabe als Betriebsrat, in persönlichen Befindlichkeiten nachzubohren.
Die psychische Belastungssituation innerhalb eines Unternehmens oder einer Dienststelle ist nicht von einem einzelnen Faktor abhängig. Es ist vielmehr das Produkt des Zusammenwirkens vieler Faktoren und vieler Menschen mit ihren Eigenheiten. Bemüht sich jeder Einzelne um ein gutes Miteinander, ist das prima. Allerdings können dennoch einige Aspekte übersehen werden. Deshalb hilft nur eine systematische Gefährdungsbeurteilung aller Faktoren, die optimalen Schutzmaßnahmen zu finden und die Situation zu stabilisieren und zu optimieren.
Als Betriebsrat haben Sie ein Mitbestimmungsrecht
Für die Umsetzung einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen ist Ihr Arbeitgeber verantwortlich. Er ist nach § 5 Arbeitsschutzgesetz zur Umsetzung einer entsprechenden Vereinbarung verpflichtet. Allerdings ist zunächst immer der Prozess zu klären. Hier kommt Ihr Mitbestimmungsrecht zum Tragen.
Gibt es in Ihrem Betrieb noch keine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen, treten Sie als Betriebsrat Ihrem Arbeitgeber auf die Füße. Denn diese Betriebsvereinbarung unterliegt Ihrer Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Sie haben also ein Mitwirkungsrecht und können den Prozess aktiv mitgestalten. Machen Sie Ihren Arbeitgeber darauf aufmerksam, dass er Sie frühzeitig informieren muss und aktiv in den Prozess einzubeziehen hat.
Denken Sie auch an § 81 Abs. 1 BetrVG
Denken Sie als Betriebsrat bei psychischen Belastungen unbedingt auch an § 81 Abs. 1 BetrVG. Ihr Arbeitgeber hat eine Unterrichtungs- und Erörterungspflicht über Unfall- und Gesundheitsgefahren sowie die Maßnahmen zur Abwendung dieser Gefahren. Das betrifft den gesamten Bereich des betrieblichen Arbeitsschutzes, also auch die psychischen Belastungen.
Regeln Sie den Prozess
Bei der Gefährdungsbeurteilung über psychische Belastungen ist durch den Gesetzestext wenig geregelt. Deshalb ist die Mitbestimmung von Ihnen als Betriebsrat umso weitreichender. Der gesamte Prozess für eine solche Gefährdungsbeurteilung muss geregelt werden.
Suchen Sie einen gemeinsamen Weg mit Ihrem Arbeitgeber
Um eine Gefährdungsbeurteilung zu psychischen Belastungen richtig durchzuführen, bedarf es gewisser Grundkenntnisse, z. B. darüber,
- was psychische Belastungsfaktoren sind, wo und wodurch sie auftreten können.
- mit welchen Methoden diese Belastungsfaktoren erfasst und bewertet werden können.
In vielen Fällen werden weder Sie noch Ihr Arbeitgeber über solche Fachkenntnisse verfügen. Sie sollten sich deshalb – wie bei anderen Gefährdungsbeurteilungen auch – von internen und externen Experten beraten und unterstützen lassen. Dazu gehören z. B.
- die Fachkraft für Arbeitssicherheit,
- der Betriebsarzt oder betriebsärztliche Dienst,
- Experten der zuständigen Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse,
- Experten der staatlichen Aufsichtsbehörde,
- weitere spezialisierte arbeitspsychologische Berater, z. B. der Krankenkassen.
Sie werden schnell erkennen, dass es nicht reicht, dass Sie als Betriebsrat zustimmen, dass in Ihrem Betrieb eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen durchgeführt wird. Maßgeblich sind die Inhalte. Hier gibt es erfahrungsgemäß viel Diskussionsbedarf. Und zwar u. a. zu Themen wie: „Wer führt die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen durch?“, „Welche Fragebögen kommen zum Einsatz?“, „Wie werden die Daten erhoben?“
Schicken Sie einen interessierten Kollegen zu einer Schulung
Spätestens sobald Sie erfahren, dass Ihr Arbeitgeber eine psychische Gefährdungsbeurteilung plant, sollten Sie mindestens einen ausgewählten Kollegen aus dem Gremium zu einer Schulung zum Thema „Psychische Gefährdungsbeurteilung“ schicken. Das hilft Ihnen sicher, Ihre Mitbestimmungsrechte erfolgreich zugunsten Ihrer Kollegen zu nutzen und für ordentliche Standards zu sorgen.
Wenn es gar nicht anders geht, hilft die Einigungsstelle
Können Sie sich gar nicht mit Ihrem Arbeitgeber einigen, bleibt nach § 76 BetrVG die Möglichkeit, die Einigungsstelle hinzuziehen. Sollte Ihr Arbeitgeber Ihre Mitbestimmungsrechte verletzen, können Sie nach § 23 Abs. 3 BetrVG gerichtlich eine Unterlassung erwirken.