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Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Basiswissen, das Sie in Ihrem Amt brauchen

Kommt sexuelle Belästigung in Ihrem Betrieb vor? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, denn das Problem ist oft nahezu unsichtbar – wie ein Eisberg, bei dem nur die Spitze sichtbar ist. Klar ist jedoch: Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist ein ernst zu nehmendes Problem, das nicht nur die betroffenen Kolleginnen und Kollegen belastet, sondern auch das gesamte Betriebsklima negativ beeinflusst. Doch was genau fällt unter sexuelle Belästigung? Als Betriebsrat brauchen Sie fundiertes Wissen zu diesem Thema. Nur so können Sie präventiv handeln und betroffene Beschäftigte angemessen unterstützen.

Brigitte Ganzmann

19.05.2025 · 2 Min Lesezeit

Eine ungewollte Berührung am Rücken, ein zweideutiger Spruch, eine anzügliche Geste oder eine unangemessene E-Mail – all das kann sexuelle Belästigung sein. Viele Vorfälle werden jedoch nicht gemeldet, sondern von den Betroffenen stillschweigend hingenommen. Die Dunkelziffer ist bei sexuellen Belästigungen groß. Wo und wie sexuelle Belästigungen auch in Ihrem Betrieb vorkommen können, sehen Sie an den konkreten Beispielen auf Seite 5. Diese helfen Ihnen, Ihr Bewusstsein für das Thema zu schärfen.

Das AGG definiert sexuelle Belästigung

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) definiert sexuelle Belästigung in § 3 Abs. 4 als ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, das die Würde der betroffenen Person verletzt. Dazu zählen unter anderem:

  • unerwünschte sexuelle Handlungen oder Aufforderungen dazu
  • sexuell bestimmte körperliche Berührungen
  • Bemerkungen sexuellen Inhalts
  • das unerwünschte Zeigen oder sichtbare Anbringen pornografischer Darstellungen

Unterschied zwischen Diskriminierung, Mobbing und sexueller Belästigung

Wichtig ist, dass Sie als Betriebsrat die Begriffe kennen und unterscheiden können: Mobbinghandlungen, Diskriminierung und sexuelle Belästigung können getrennt voneinander geschehen.

Während sexuelle Belästigung spezifisch unerwünschtes sexuelles Verhalten meint, beziehen sich Begriffe wie Mobbing und Diskriminierung auf andere Formen der Benachteiligung am Arbeitsplatz. Beispiele:

  • Sexuelle Belästigung bezieht sich ausschließlich auf unerwünschtes sexuelles Verhalten.
  • Mobbing umfasst systematisches, feindseliges Verhalten gegenüber einer Person, ist aber nicht zwingend sexueller Natur.
  • Diskriminierung bedeutet eine ungerechtfertigte Benachteiligung aufgrund von Merkmalen wie Geschlecht, Alter oder ethnischer Herkunft.

Wie häufig kommt sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz vor?

Die letzte große Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes aus dem Jahr 2019 ergab, dass jeder elfte Beschäftigte (9 %) in den vergangenen 3 Jahren sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt hat. Frauen (13 %) waren mehr als doppelt so häufig betroffen wie Männer (5 %).

Ein Blick in die Schweiz zeigt, dass die Werte trotz Präventionsmaßnahmen weiterhin hoch sind – das ergab eine Studie vom Dezember 2024. Besonders Frauen, junge Beschäftigte und Auszubildende sind betroffen.

Info: Häufigkeit von sexuellen Handlungen am Arbeitsplatz

Die Studie von der Antidiskriminierungsstelle https://kurzlinks.de/eevs sowie die Schweizer Studie zum Thema https://kurzlinks.de/f9w8 finden Sie unter den hier angegebenen Links.

Enttabuisieren Sie sexuelle Belästigung

Als Betriebsrat sollten Sie keine Scheu haben, das Thema sexualisierte Belästigung anzusprechen. Es ist Ihre Aufgabe, für ein sicheres und respektvolles Arbeitsumfeld zu sorgen. Oft herrscht Unsicherheit oder die Sorge, im Gremium auf Widerstand zu stoßen.

Doch Schweigen schützt nur die Täter und ist schlecht für das Betriebsklima. Indem Sie das Thema offen ansprechen, setzen Sie ein klares Zeichen: Belästigung wird nicht toleriert – und Betroffene haben Ihre Unterstützung.

Fazit: Das Thema nicht scheuen

Als Betriebsrat ist es Ihre Aufgabe, sich mit dem Thema sexuelle Belästigung auseinanderzusetzen, präventive Maßnahmen zu fördern und Betroffene zu unterstützen. Auch wenn es in Ihrem Betrieb scheinbar keine Vorfälle gibt, sollten Sie das Thema offen ansprechen und für ein respektvolles Miteinander sensibilisieren.

Sprechen Sie mit Ihrem Gremium über das Thema, fragen Sie z. B. nach, ob es persönliche Erfahrungen mit dem Thema gibt. Diese können auch schon einige Jahre zurückliegen. Nutzen Sie als Einstieg in das Thema die Beispiele aus der Praxis.

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Ich bin seit über 15 Jahren im Bereich Gesundheitsförderung und Gesundheitsmanagement aktiv und seit Juni 2018 Chefredakteurin von „Arbeitsschutz & Gesundheitsmanagement für Betriebs­räte“. In meinem Hauptberuf arbeite ich als systemischer […]

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