Keine Massenentlassung ohne vorherige Anzeige
Der Fall: Der Arbeitnehmer hat vor den deutschen Gerichten bis hin zum BAG geltend gemacht, dass die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch den Insolvenzverwalter seines Arbeitgebers nichtig sei. Denn dieser hatte ohne vorherige Massenentlassungsanzeige gekündigt.
Das BAG legte die Angelegenheit dem EuGH zur Vorabentscheidung vor. Es wollte u. a. wissen, ob Art. 3 der Richtlinie 98/59 in der durch die Richtlinie 2015/1794 gefassten Fassung dahingehend auszulegen ist, dass ein Arbeitgeber, der die Kündigung von Arbeitsverhältnissen ausgesprochen hat, ohne bei der zuständigen Behörde eine vorherige Anzeige der Massenentlassung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Richtlinie vorgenommen zu haben, eine solche Anzeige nicht nachträglich vornehmen kann.
Generalanwalt bestätigt
Die Entscheidung: Der Generalanwalt am EuGH bestätigte die Auffassung des von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmers in seinen Schlussanträgen. Er stellte klar, dass eine Kündigung im Rahmen anzeigepflichtiger Massenentlassungen das Arbeitsverhältnis erst nach Ablauf einer 30-tägigen Sperrfrist beenden könne. Die Sperrfrist beginne jedoch ohne Massenentlassungsanzeige nicht zu laufen. Die Anzeige könne zudem auch nicht nachgeholt werden. Eine unterbliebene Massenentlassungsanzeige kann ein Arbeitgeber in einem vergleichbaren Fall deshalb nur heilen, indem er die geplanten Entlassungen bei der Arbeitsagentur anzeigt und danach erneut kündigt.
Voraussetzungen einer Massenentlassung
Will Ihr Arbeitgeber innerhalb eines bestimmten Zeitraums eine größere Anzahl von Arbeitnehmern entlassen, hat er das zuvor der Agentur für Arbeit anzuzeigen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG). Die Anzeigepflicht richtet sich nach der Betriebsgröße und der Anzahl der im gleichen Zeitraum geplanten Entlassungen.
So kommen Sie ins Spiel
Neben der Anzeigepflicht gegenüber der Agentur für Arbeit hat Ihr Arbeitgeber im Fall einer Massenentlassung eine weitere Pflicht. Er muss Sie nach § 17 Abs. 2 Satz 2, 3 KSchG rechtzeitig über die geplanten Kündigungen informieren. Die Unterrichtungspflicht geht über eine schlichte Information hinaus. Ihr Arbeitgeber ist vielmehr gehalten, die geplanten Maßnahmen mit Ihnen zu beraten – es ist seine Aufgabe, ein Konsultationsverfahren mit Ihnen als Betriebsrat durchzuführen.
Diese Informationen können Sie für die Beratung verlangen
Ihr Arbeitgeber ist verpflichtet, mit Ihnen zu beraten, wie er die geplanten Kündigungen eventuell doch noch verhindern kann (§ 17 Abs. 2 KSchG). Außerdem geht es darum, festzulegen, welche sozialen Maßnahmen für die zu kündigenden Arbeitnehmer ergriffen werden können (§ 17 Abs. 2 KSchG). Das Konsultationsverfahren ist Ihre Chance, sich frühzeitig für Ihre Kollegen einzusetzen. Sorgen Sie deshalb dafür, dass Ihr Arbeitgeber sicher seiner Verpflichtung nachkommt und Ihnen rechtzeitig die Auskünfte erteilt.