Der Fall: Der Arbeitgeber kündigte einer Mitarbeiterin. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung war sie schwanger. Damit hätte an sich besonderer Kündigungsschutz nach § 17 Mutterschutzgesetz (MuSchG) bestanden. Das Problem: Beim Zugang der Kündigung wusste sie noch nichts von der Schwangerschaft.
Erst als sie einige Tage später einen positiven Schwangerschaftstest machte, wurde sie auf die Schwangerschaft aufmerksam. Anschließend machte sie einen Termin bei ihrem Frauenarzt, der die Schwangerschaft bestätigte. Aus terminlichen Gründen kam es aber erst rund einen Monat, nachdem sie die Kündigung erhalten hatte, zu dem Untersuchungstermin.
Klagefrist war bereits abgelaufen
Zwar erhob sie bereits kurz vor dem Arzttermin ihre Kündigungsschutzklage. Sie beantragte auch die nachträgliche Zulassung der verspäteten Klage.
Arbeitgeber pochte auf Verfristung
Der Arbeitgeber hielt die Kündigungsschutzklage aber für unzulässig, weil zu spät. Nach § 4 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) hätte die Beschäftigte ihre Kündigungsschutzklage innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung erheben müssen. Einen Grund für eine nachträgliche Klagezulassung sah der Arbeitgeber nicht.
Er stellte sich auf den Standpunkt, dass die Arbeitnehmerin durch den positiven Schwangerschaftstest, den sie selbst durchgeführt hatte, bereits innerhalb der Klagefrist wusste, dass sie schwanger war. Sie hätte dann die Klage noch innerhalb der Frist einlegen können – nach Ansicht des Arbeitgebers einlegen müssen. Daher könne sie sich nicht mehr auf den Kündigungsschutz aus § 17 MuSchG berufen.
Die Entscheidung: Die Richter hatten also zu entscheiden, ob eine nachträgliche Zulassung der verspäteten Klage möglich ist und ob die Arbeitnehmerin Kündigungsschutz hat. Und sie entschieden im Sinne der Arbeitnehmerin. Sie ließen die Kündigungsschutzklage trotz der Verspätung zu. Die Mitarbeiterin bekam sogar in allen 3 Instanzen recht. Zuletzt betonte das BAG, dass die Kündigung wegen Verstoßes gegen das Kündigungsverbot aus § 17 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG unwirksam war.
Auch aus dem KSchG lasse sich nicht ableiten, dass die Kündigung wirksam ist, weil die Arbeitnehmerin die Rechtsunwirksamkeit nicht rechtzeitig durch eine Kündigungsschutzklage geltend gemacht hat. Die Richter folgten zwar der Argumentation des Arbeitgebers, dass die Klagefrist an sich abgelaufen war. Sie ließen die verspätete Klage jedoch nachträglich gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG zu.
Es kommt auf die ärztliche Feststellung an
Anders als der Arbeitgeber betonten die höchsten deutschen Arbeitsrichter, dass die Mitarbeiterin erst durch das Ergebnis der frauenärztlichen Untersuchung positiv erfahren hat, dass sie tatsächlich bei Zugang der Kündigung schwanger war. Auf den selbst durchgeführten Test kommt es insoweit nicht an. Es sei nicht ihre Schuld, dass sich der Termin bei dem Frauenarzt verzögert habe.
Diese Entscheidung stärkt die Position schwangerer Kolleginnen. Informieren Sie darüber auf allen geeigneten Wegen, z. B. im Betriebsrats-Newsletter oder auf einer Betriebsversammlung.