Persönlichkeit des Monats - Dezember 2025

Sarah Mullally: Die erste Frau an der Spitze der anglikanischen Kirche

Persönlichkeit des Monats - Januar 2025

ADIUVA

01.12.2025 · 4 Min Lesezeit

Lebenslauf

Datum/JahrEreignis
26.03.1962                Geboren in Woking, Surrey, England
1987Hochzeit mit Eamonn Mullally
1999–2004Chief Nursing Officer im Gesundheitsministerium
2001 Weihung zur anglikanischen Diakonin
2005Adelung zur „Dame Commander“
2006Weihung zur anglikanischen Priesterin
2012–2015Schatzmeisterin der Kathedrale von Salisbury
22.07.2015Weihe zur Suffraganbischöfin von Crediton
2017Ernennung zur Bischöfin von London
Seit 2018Mitglied des „Privy Council“ und des „House of Lords“
12.05.2018Amtseinführung als Bischöfin von London
03.10.2025Ernennung zur Erzbischöfin von Canterbury
Gepl. 25.03.2026Amtseinführung als Erzbischöfin von Canterbury


Ihre Ernennung zur Erzbischöfin ist ein einschneidender Moment in der Geschichte der anglikanischen Kirche. Denn seit Ende des 6. Jahrhunderts hatten ausschließlich Männer dieses Amt inne. Frauen können in der anglikanischen Kirche überhaupt erst seit gut 30 Jahren Priesterinnen und seit zehn Jahren Bischöfinnen werden. Sarah Mullally steht seit Oktober 2025 als erste Frau an der Spitze der anglikanischen Kirche und ist damit Oberhaupt von weltweit 80 bis 85 Millionen Menschen.

Gelernte Krankenschwester

Sarah Mullally, geborene Bowser, wurde am 26. März 1962 in Woking in der südenglischen Grafschaft Surrey geboren. Sie besuchte zunächst die Winston Churchill Comprehensive School und machte anschließend an der Nightingale School of Nursing sowie an der London South Bank University eine Ausbildung zur Krankenpflegerin.

1987 heiratete sie Eamonn Mullally, einem inzwischen pensionierten IT-Strategen. Das Paar hat zwei Kinder.

Sarah Mullally arbeitete mehrere Jahre lang in der Krankenpflege, unter anderem an den Londoner Krankenhäusern St. Thomas‘ Hospital, Royal Marsden Hospital und Westminster Hospital. 1999 wurde sie zur „Chief Nursing Officer and Director of Patient Experience of England“, also zur leitenden Krankenpflegerin, im Gesundheitsministerium ernannt.

Weihung zur Diakonin und Priesterin

Bereits während ihrer Arbeit als Krankenpflegerin wandte sich Sarah Mullally verstärkt der anglikanischen Gemeinschaft, auch anglikanische Kirche genannt, zu. Die anglikanische Gemeinschaft geht auf den heiligen Augustinus von Canterbury zurück, der um 597 von Papst Gregor I. nach Englisch gesandt worden war, um die Angelsachsen zu missionieren. Seit der Reformation im 16. Jahrhundert ist die anglikanische Kirche nicht mehr katholisch, sondern protestantisch.

Im Jahr 2001 wurde Sarah Mullally zur Diakonin geweiht, 2004 gab sie schließlich ihr Amt im Gesundheitsministerium auf. 2006 erhielt sie die Priesterweihe und war fortan als Priesterin in verschiedenen Gemeinden im Raum London tätig. Für ihre Verdienste in der Krankenpflege und in der Geburtshilfe wurde sie 2005 mit dem Adelstitel „Dame Commander“ geehrt.

„Ich werde oft gefragt, wie es war, zwei Karrieren zu haben, zuerst im Gesundheitsdienst und jetzt in der Kirche“, erzählte Sarah Mullally in einem Interview. „Meine Berufung war jedoch immer die gleiche: Jesus Christus nachzufolgen, ihn kennenzulernen und bekannt zu machen, immer bestrebt, mit Mitgefühl im Dienst an anderen zu leben.“

Ranghöchste Frau in der anglikanischen Kirche

2012 wurde Sarah Mullally zur Schatzmeisterin der Kathedrale von Salisbury ernannt. Drei Jahre später weihte sie der damalige Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, zur Suffraganbischöfin von Crediton in der Diözese Exeter. 2017 wurde sie Bischöfin von London und damit zur bis dato ranghöchsten Frau in der anglikanischen Kirche erhoben.

Im Januar 2025 trat Justin Welby nach heftigen Vorwürfen als Erzbischof zurück Laut Medienberichten über den Umgang mit Missbrauchsfällen in der anglikanischen Kirche soll er den Missbrauch von mehr als 100 Jungen durch einen Anwalt der Kirche vertuscht haben.

Weihung zur Erzbischöfin kurz vor ihrem Geburtstag

Anfang Oktober wurde nun Sarah Mullaly von König Charles III. zu Welbys Nachfolgerin bestimmt. Im Januar 2026 soll die Wahl in einer Zeremonie in der Londoner St. Paul’s Cathedral bestätigt werden. Voraussichtlich am 25. März, einen Tag vor ihrem 64. Geburtstag, wird Sarah Mullally dann in der Kathedrale von Canterbury offiziell in ihr Amt eingeführt.

„Ich weiß, dass dies eine riesige Verantwortung ist, aber ich gehe ihr mit einem Gefühl des Friedens entgegen“, sagte Sarah Mullally nach ihrer Ernennung. Sie dankte zudem „allen Männern und Frauen, allen Laien und ordinierten Diakonen, Priestern und Bischöfen, die den Weg für diesen Moment geebnet haben“.

Kritik und Freude

Sarah Mullally gilt als offen und progressiv. In konservativen Teilen der anglikanischen Kirche stieß ihre Ernennung deshalb auf Kritik. Die „Global Fellowship of Confessing Anglicans“, ein Netzwerk konservativer anglikanischer Kirchen in Afrika und Asien, nahm die Mitteilung „mit Trauer“ auf.

Die Kirche des südlichen Afrikas hingegen reagierte positiv und teilte mit, dass sie die Ernennung „von ganzem Herzen“ begrüße. Die Bischöfin Emily Onyango, die als erste Frau in der anglikanischen Kirche von Kenia zur Bischöfin geweiht worden war, bezeichnete Sarah Mullallys Ernennung sogar als „einen neuen Morgen“. Über die neue Erzbischöfin sagte Emily Onyango, sie sei „eine bescheidene Person, die zuhört, und das ist es, was die Kirche braucht“.

Für Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, gegen Nationalismus

Sarah Mullally hatte sich unter anderem für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare eingesetzt, die seit Februar 2023 in der anglikanischen Kirche möglich ist. Zudem tritt sie dem Nationalismus der extremen Rechten entschieden entgegen und macht sich für eine vielfältigere Besetzung der Kirchenämter stark: „Wenn unsere Kirchen für unsere Gemeinden relevanter werden sollen, müssen wir mehr Kirchen bilden, die von Priesterinnen geleitet werden, die schwarzen, asiatischen oder ethnischen Minderheiten angehören.“

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