Empirische Studien zeigen: Die Arbeitszeiterfassung ist in Deutschland weit verbreitet, aber nicht flächendeckend standardisiert. Nach Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung aus dem Jahr 2023 erfassen etwa 80 % der Unternehmen systematisch die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten.
Doch während die Industrie oft gut organisiert ist, hinken insbesondere kleine Unternehmen sowie Dienstleistungs- und Kreativbranchen teils hinterher – trotz klarer Rechtsprechung.
Rechtlicher Rahmen: Was hat sich verändert?
Das viel zitierte Urteil des BAG (Az. 1 ABR 22/21) verpflichtet Ihren Arbeitgeber, ein System zur Erfassung der geleisteten Arbeitszeit einzuführen – unabhängig davon, ob Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen vorliegen.
Ihr Arbeitgeber muss also sicherstellen, dass Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dokumentiert werden. Wie setzt er dies in Ihrem Betrieb um? Wie werden Sie als Betriebsrat hier eingebunden und wie kontrollieren Sie die Zeiterfassung?
Warum ist Zeiterfassung gut für die Arbeitssicherheit?
Zeiterfassung ist ein wichtiges Thema für Sie als Betriebsrat. Denn die Erfassung von Arbeitszeiten ist ein wirksames Instrument zur Prävention von Überlastung und Fehlzeiten. Ebenso können (und sollten) Sie als Betriebsrat Regelverstöße kontrollieren. Das betrifft nicht nur Überstunden, sondern auch Pausenregelungen und Ruhezeiten.
Gerade in Berufen mit hoher Belastung – etwa im Gesundheitswesen oder in der Produktion – kann eine gute Zeiterfassung Ihnen als Interessenvertretung helfen, gesundheitsgefährdende Arbeitsmuster frühzeitig zu erkennen. Ebenso gibt Ihnen die Zeiterfassung Aufschluss, welche Abteilungen besonders belastet sind.
Schlecht für die Gesundheit: Zu viel Arbeit und zu wenig Pause
Arbeitszeitverstöße sind nicht selten Ursache für Fehler, Unfälle und langfristige gesundheitliche Beeinträchtigungen. Für den Arbeitsschutz gilt daher: Zeiterfassung ist ein zentrales Steuerungsinstrument – und sollte integraler Bestandteil jeder Gefährdungsbeurteilung sein.
Was bedeutet das für Sie als Betriebsrat?
Die Zeiterfassung ist ein klassisches Mitbestimmungsthema (§ 87 Abs. 1 BetrVG). Für Sie als Betriebsrat bedeutet das konkret:
- Einführung und Ausgestaltung des Zeiterfassungssystems sind mitbestimmungspflichtig. Das betrifft z. B. Fragen zur Art der Erfassung (elektronisch, manuell), zur Datenspeicherung, zu Auswertungsmöglichkeiten und zur Frage, wer Zugriff auf die Daten hat.
- Sie überwachen die Einhaltung der Arbeitszeitvorgaben, insbesondere bei Ruhezeiten, Höchstarbeitszeiten und Pausenregelungen.
- Sie sehen die Verbindung zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen: Häufen sich Überstunden oder verschieben sich Arbeitszeiten dauerhaft ins Private, besteht Handlungsbedarf.
- Sie denken an Schutz und Transparenz bei der Gestaltung von flexiblen Arbeitszeitmodellen – etwa bei Gleitzeit, Vertrauensarbeitszeit oder mobiler Arbeit.
Zum Schluss: 4 Tipps für Ihre Betriebsratsarbeit
- Verhandeln Sie aktiv mit: Nutzen Sie Ihre Mitbestimmung, um faire, transparente und gesundheitsförderliche Regelungen zur Zeiterfassung zu gestalten.
- Sensibilisieren Sie Ihre Kollegen: Machen Sie deutlich, dass Zeiterfassung kein Misstrauen bedeutet, sondern Schutz.
- Fordern Sie regelmäßige Auswertungen: Achten Sie auf Häufungen von Überstunden, Regelverletzungen oder problematische Schichtverläufe – und bringen Sie diese in ASA, JAV oder beim Arbeitgeber zur Sprache.
- Schützen Sie die Persönlichkeitsrechte: Achten Sie darauf, dass erfasste Daten nicht zur Leistungsüberwachung missbraucht werden. Hier ist die Datenschutz-Grundverordnung mitzubeachten.