Der Fall: Ein Polizeihauptkommissar (Besoldungsgruppe A 11), seit 1992 im Polizeidienst tätig, wurde wegen seiner Beteiligung an rechtsextremen Chatgruppen disziplinarrechtlich belangt. Die Polizeidirektion Osnabrück erhob im Juli 2023 Disziplinarklage mit dem Ziel, den Beamten aus dem Dienst zu entfernen.
Um diese Vorwürfe ging es
Konkret warf die Behörde dem Beamten vor:
- Er habe zwischen 2015 und 2020 insgesamt 41 Dateien mit rassistischen, ausländerfeindlichen oder NS-verharmlosenden Inhalten versendet oder empfangen.
- Im gleichen Zeitraum habe er 191 disziplinarrechtlich zu beanstandende Dateien empfangen, ohne entsprechend zu reagieren, insbesondere ohne sich zu distanzieren.
Die Dateien umfassten Bilder, Videos, Audiodateien und Texte mit klar extremistischen Bezügen. Dies wertete die Behörde als groben Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue und das gebotene achtungs- und vertrauenswürdige Verhalten von Beamten.
Die Entscheidung: Das VG Osnabrück entschied in diesem Fall teilweise zugunsten der Disziplinarklage, gab zum Teil aber auch dem Beamten recht. Das Gericht wog sorgfältig zwischen dienstrechtlichen Pflichten und privaten Freiheitsrechten des Beamten ab.
Es lagen mehrere Pflichtverletzungen vor, nämlich insbesondere:
- der Versand von 32 sowie der Empfang von 11 extremistischen Dateien
- Außerdem habe sich der Beamte nicht eindeutig von Bestrebungen distanziert, die den Staat und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren.
Das waren die tragenden Überlegungen des Gerichts
Das Privatleben schützt nicht vor Disziplinarmaßnahmen: Auch außerhalb des Dienstes sind Beamte zur Verfassungstreue verpflichtet. In diesem Fall liege ein Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue gemäß § 33 Abs. 1 S. 3 Beamtenstatusgesetz vor.
Eine verfassungsfeindliche Grundhaltung des Beamten war aber nicht nachweisbar: Das Gericht konnte trotz der Inhalte keine grundlegende Ablehnung der freiheitlich demokratischen Grundordnung feststellen.
Zwar liegt ein langjähriges Verhalten mit problematischem Inhalt vor. Dieses hatte aber keinen Einfluss auf die Dienstausübung.
Pflichtverstoß ja, Entfernung aus dem Dienst nein
Die Entfernung aus dem Dienst wertete das Gericht daher als unverhältnismäßig. Eine Rückstufung von Besoldungsgruppe A 11 in Besoldungsgruppe A 10 (Polizeioberkommissar) sei ausreichend.
Was bedeutet das für Sie als Personalrat?
Das Urteil macht deutlich: Der private Umgang mit extremistischen Inhalten kann gravierende dienstrechtliche Folgen haben.
5 Dinge, die Sie außerdem tun können
- Informieren Sie regelmäßig über dienstrechtliche Pflichten, insbesondere zur Verfassungstreue – auch im privaten Umfeld (z. B. Social Media, Messenger-Gruppen).
- Sensibilisieren Sie Kolleginnen und Kollegen dafür, dass das bloße Empfangen problematischer Inhalte ohne Widerspruch bereits als Pflichtverletzung gewertet werden kann.
- Weisen Sie Betroffene oder unsichere Kollegen auf interne Ansprechpartner oder Schulungsangebote hin.
- Setzen Sie sich für Schulungen zu digitaler Kommunikation und dienstrechtlichen Pflichten ein.
- In diesem Fall hatte der Beamte darauf verzichtet, den Personalrat im Disziplinarverfahren hinzuzuziehen. Wenn Sie eingebunden werden, sollten Sie gegebenenfalls Verstöße gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz thematisieren.