AKTUELLE RECHTSPRECHUNG FÜR DEN BETRIEBSRAT

Wann nicht genommene Pausen als bezahlte Überstunden gelten

Das kommt gerade bei Ärzten in Krankenhäusern immer wieder vor: Wegen zu hoher Arbeitsbelastung verzichten sie auf ihre Pause. Das ist bereits schlimm genug. Denn in den meisten Fällen werden sie sie dringend benötigen. Doch was passiert, wenn die Pausen in so einem Fall auch noch von der Arbeitszeit abgezogen werden? Darauf findet die folgende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) eine Antwort (12.2.2025, Az. 5 AZR 51/24). Dabei stärken die Richter die Rechte Teilzeitbeschäftigter.

Friederike Becker-Lerchner

30.05.2025 · 2 Min Lesezeit

Arbeitnehmerin sagt, keine Pause gemacht zu haben

Der Fall: Die Arbeitnehmerin, eine Ärztin in einer Klinik, arbeitete 30 Wochenstunden bei ihrem Arbeitgeber. Sie wurde im Dienstplan regelmäßig von Montag bis Freitag je 6 Stunden von 7.30 Uhr bis 13.30 Uhr eingeteilt. Meistens arbeitete sie jedoch länger. Zudem hätte sie entsprechend des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) 30 Minuten Pause einlegen müssen (§ 4 ArbZG).

Nach einer anwendbaren Betriebsvereinbarung galt die Zeit von 12.00 bis 12.30 Uhr als Pause. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer konnten ihre Pausen mit der elektronischen Arbeitszeiterfassung dokumentieren. Machten sie das nicht, wurden von der erfassten Arbeitszeit automatisch 30 Minuten abgezogen. Zudem war geregelt, dass sofern ein Beschäftigter aus dienstlichen Gründen keine Pause nahm, er dies in einem Korrekturformular begründen musste, damit der Pausenabzug nach einer Freigabe des Vorgesetzten wieder gutgeschrieben wurde.

Ärztin erfasst Pausen nur an wenigen Tagen

Die Ärztin äußerte deshalb gegenüber ihrem Arbeitgeber, dass sie an den übrigen Tagen keine Pause gemacht habe. Zur Begründung stützte sie sich zudem darauf, dass sich Überstunden immer erst zum Ende ihres 6-Stunden-Dienstes abgezeichnet hätten. Sie habe deshalb keine Pause einplanen können, vor allem nicht zwischen 12 Uhr und 12.30 Uhr. Das Korrekturformular sei ihr nicht bekannt gewesen. Sie verlangte deshalb von ihrem Arbeitgeber die Vergütung von Überstunden für die nicht genommenen Pausen. Insgesamt stellte sie fast 2.000 € in Rechnung für 59 Stunden innerhalb des zurückliegenden Jahres. Im Übrigen hatte der Arbeitgeber die Überstunden bezahlt; jedoch ohne Zuschlag. Denn er zahlte erst ab Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit einer Vollzeitkraft einen Zuschlag von 15 %.

Arbeitgeber weigert sich, zu zahlen

Der Arbeitgeber wollte die Pausen nicht in Form von Überstunden bezahlen. Das begründete er mit der Betriebsvereinbarung. In dieser sei geregelt, dass er die Pausen jeweils von 12 Uhr bis 12.30 Uhr gewährt habe.

Arbeitszeiterfassung reicht als Beleg für Überstunden

Die Entscheidung: Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen können grundsätzlich nur dann eine Überstundenvergütung verlangen, wenn Sie konkret darlegen, an welchen Tagen Sie von wann bis wann gearbeitet haben bzw. sich auf Anordnung Ihres Arbeitgebers bereitgehalten haben. Denn wer Geld für eine geleistete Arbeit verlangt, muss normalerweise beweisen, dass er diese Arbeit auch tatsächlich erbracht hat. Das gilt auch für Überstunden und Mehrarbeit. Hierzu genügte in diesem Fall allerdings die Dokumentation der elektronischen Arbeitszeiterfassung und die Behauptung der Arbeitnehmerin, keine Pausen neben den dort erfassten genommen zu haben. Dadurch hat die Arbeitnehmerin nach Meinung des Gerichts schlüssig dargelegt, an welchen Tagen sie wie genau gearbeitet hat.

Nachdem die Arbeitnehmerin das nun schlüssig vorgetragen hat, musste der Arbeitgeber einen detaillierten Gegenbeweis erbringen. Dazu genügte es nicht, dass er die genommenen Pausen bestritt. Es wäre vielmehr seine Aufgabe gewesen, konkret vorzutragen, an welchen Tagen zu welcher Zeit die Mitarbeiterin doch eine Pause eingelegt hatte.

Das Gericht wies in seiner Begründung zudem darauf hin, dass ein solcher Vortrag auch möglich gewesen wäre. Schließlich wisse der Arbeitgeber, welche Aufgaben seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erledigen. Er könne deshalb auch beurteilen, ob und wann eine Pause möglich war.

Fazit: Automatischer Pausenabzug ist kein Beweis

Das Gericht hat in dieser Entscheidung klargestellt, dass ein automatischer Pausenabzug im Zeiterfassungssystem nicht beweist, dass eine Pause tatsächlich genommen wurde. Der Arbeitgeber muss vielmehr konkret darlegen, wann ein Arbeitnehmer bzw. eine Arbeitnehmerin nicht gearbeitet hat.

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Ich publiziere seit über 20 Jahren im Bereich Arbeitsrecht. Seit 2005 unterstütze ich Betriebsräte in ganz Deutschland Monat für Monat bei ihren fachlichen Herausforderungen. Darüber hinaus bin ich als Rechtsanwältin, […]

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