PRAXISWISSEN

Voraussetzungen einer personenbedingten Kündigung

Fehlt einer Ihrer Kollegen krankheitsbedingt häufig oder über einen längeren Zeitraum oder ist er seinen Aufgaben krankheitsbedingt einfach nicht mehr so gewachsen, steht für Ihren Arbeitgeber schnell die wirtschaftliche Belastung im Vordergrund. Er wird deshalb unter Umständen über eine Kündigung des Beschäftigten nachdenken. In diesem Fall geht es um eine personenbedingte Kündigung.

Friederike Becker-Lerchner

02.06.2025 · 2 Min Lesezeit

Wann eine personenbedingte Kündigung gegeben ist

Von einer solcher spricht man, wenn ein Arbeitgeber mit der Begründung kündigt, dass ein Arbeitnehmer nicht mehr die Fähigkeit und Eignung besitzt, um die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Leistung zu erbringen.

Häufigster Auslöser einer personenbedingten Kündigung ist der Ausfall eines Arbeitnehmers aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit.

Krankheit als Kündigungsgrund?

Eine Krankheit als solche stellt zwar keinen Kündigungsgrund dar. Dennoch greifen viele Arbeitgeber schnell zur krankheitsbedingten Kündigung, wenn ein Arbeitnehmer krankheitsbedingt häufig oder für einen längeren Zeitraum ausfällt. Denn in einer solchen Situation steht bei ihnen schnell die wirtschaftliche Belastung im Fokus.

Sie sind anzuhören

Als Betriebsrat müssen Sie vor jeder Kündigung und damit auch vor einer krankheitsbedingten Kündigung angehört werden (§ 102 Abs. 1 BetrVG).

Nutzen Sie die Anhörung und überprüfen Sie die Einzelheiten auf ihre Richtigkeit hin.

4 Fälle krankheitsbedingter Kündigung

Die Rechtsprechung unterscheidet bei den Ursachen für krankheitsbedingte Kündigungen 4 Fallgruppen: häufige Kurzerkrankungen, eine lang anhaltende Erkrankung, die krankheitsbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit sowie eine dauernde Leistungsunfähigkeit. Was Sie im Rahmen Ihrer Anhörung in Bezug auf die einzelnen Fallgruppen berücksichtigen sollten, lesen Sie im Folgenden.

1. Häufige Kurzerkrankungen

Über welchen Zeitraum die relevanten überdurchschnittlichen krankheitsbedingten Fehlzeiten in der Vergangenheit zu ermitteln sind, steht nicht eindeutig fest. Sie sollten bei Ihrer Prüfung den in der Praxis allgemein üblichen Zeitraum von 3 Jahren zugrunde legen.

2. Lang andauernde Erkrankung

Von einer kündigungsrelevanten andauernden Arbeitsunfähigkeit können Sie erst bei einer Fehlzeit von mehreren Monaten ausgehen. Maßgeblich für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit sind immer die Umstände des Einzelfalls. Eine erhebliche Fehlzeit liegt allerdings sicher vor, wenn ein Arbeitnehmer 18 Monate am Stück arbeitsunfähig krank ist.

3. Krankheitsbedingte Leistungsminderung

Eine Krankheit kann einen Kollegen so mitnehmen, dass er zwar noch arbeiten kann, aber nicht mehr so wie früher. Im Rahmen der negativen Prognose muss Ihr Arbeitgeber hier klären, ob der Kollege auch künftig dauernd und in erheblichem Umfang Minderleistungen erbringen wird. Dabei haben erhebliche Leistungsminderungen in der Vergangenheit Indizwirkung für die Zukunft. Bei der Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen verlangt das BAG eine Minderleistung von 2/3 der Normalleistung.

4. Dauernde Leistungsunfähigkeit

Eine krankheitsbedingte dauernde Leistungsunfähigkeit ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer an einer Krankheit leidet, die es ihm unmöglich macht, gegenwärtig und zukünftig seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Von einer dauernden Leistungsunfähigkeit wird insoweit ausgegangen, wenn nicht damit gerechnet werden kann, dass die Genesung innerhalb von 24 Monaten eintritt.

Sonderfall: Alkoholabhängigkeit

Bei einer Alkohol-, Drogen- bzw. Medikamentenabhängigkeit ist die Gesundheitsprognose negativ, wenn entweder eine angetretene Entziehungskur erfolglos abgebrochen wurde oder ein Betroffener wieder rückfällig wurde. Auch wenn sich ein von einer Kündigung bedrohter Arbeitnehmer weigert, sich einer Entziehungskur zu unterziehen, wird die Prognose negativ bewertet.

BEM muss vorgenommen werden

Bevor Ihr Arbeitgeber aber das Vorliegen der Voraussetzungen einer personenbedingten Kündigung prüft, muss er zur Vermeidung von Entlassungen ein betriebliches Eingliederungsmanagement vornehmen (§ 167 Abs. 2 SGB IX). Näheres zum BEM lesen Sie auf den Seiten 6–7

Mein Tipp: BEM richtig durchgeführt?

Prüfen Sie im Rahmen Ihrer Anhörung zu einer personenbedingten Kündigung immer zunächst, ob ein BEM durchgeführt wurde. Sollte das nicht der Fall sein, widersprechen Sie der Kündigung.

In allen 4 Fallgruppen müssen die Voraussetzungen einer personenbedingten Kündigung nach einem 3-stufigen Schema geprüft werden. Wie dieses aufgebaut ist, lesen Sie auf Seite 11.

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Ich publiziere seit über 20 Jahren im Bereich Arbeitsrecht. Seit 2005 unterstütze ich Betriebsräte in ganz Deutschland Monat für Monat bei ihren fachlichen Herausforderungen. Darüber hinaus bin ich als Rechtsanwältin, […]