GRUNDLAGEN

Verschulden und Bezug zum Job sind entscheidend

Als Voraussetzung für eine fristlose Kündigung kommt regelmäßig nur ein verhaltensbedingter Grund in Betracht, auch wenn dieser bei der fristlosen Kündigung nicht so heißt. Das bedeutet in aller Regel, dass es um einen Vorgang gehen muss, den der*die Mitarbeitende steuern kann.

Michael Tillmann

22.10.2025 · 3 Min Lesezeit

Verhaltensbedingt und personenbedingt ist nicht dasselbe

Klar außerhalb des Einflussbereichs bzw. der „Steuerungsfähigkeit“ des*der Mitarbeitenden liegen natürlich betriebliche bzw. betriebsbedingte Gründe. Diese können daher regelmäßig eine fristlose Kündigung nicht begründen. Eine fristlose Kündigung muss daher regelmäßig nicht mit dem Betrieb, sondern mit der Person des*der Mitarbeitenden etwas zu tun haben.

Das klingt doch so, als könnten personenbedingte Gründe auf jeden Fall eine fristlose Kündigung begründen. Das ist aber keineswegs so. Wie ist das nun zu erklären?

Wesentliches Merkmal der personenbedingten Gründe ist, dass diese zwar mit der Person des*der Mitarbeitenden zu tun haben, aber dennoch nicht durch dessen*deren Willen gesteuert werden können.

Krankheit ist „personenbedingt“

Klassischer Fall der personenbedingten Kündigung ist die Kündigung wegen dauerhafter oder häufiger Krankheit bzw. Arbeitsunfähigkeit. Krankheit liegt zwar in der Person des*der Mitarbeitenden begründet, hängt aber regelmäßig nicht von dessen*deren Willen ab. Personenbedingte Gründe kommen daher für eine fristlose Kündigung regelmäßig nicht in Betracht.

Vielmehr muss es um verhaltensbedingte Gründe gehen, also um ein Verhalten des*der Mitarbeitenden, das willensgesteuert ist.

Aus dem Wesen der personenbedingten Gründe folgt im Übrigen auch, dass – anders als bei verhaltensbedingten Gründen – regelmäßig keine Abmahnung in Betracht kommt. Es leuchtet unmittelbar ein, dass es sinnlos ist, eine*n Mitarbeiter*in abzumahnen, weil er*sie lange krank ist, da Krankheit regelmäßig nicht willensgesteuert ist.

Im Vorfeld einer fristlosen bzw. verhaltensbedingten Kündigung ist hingegen eine Abmahnung jedenfalls möglich.

Es gibt keine allgemeine Aufsicht durch den*die Dienstgeber*in

Die Gründe, auf die sich der*die Dienstgebende beruft, müssen mit dem Dienstverhältnis in Zusammenhang stehen. Ihr*e Dienstgeber*in darf sich nicht zur allgemeinen rechtlichen oder gar moralischen Aufsicht über Ihre Kolleg*innen aufschwingen.

Das gilt – trotz der besonderen Pflichten – grundsätzlich auch in kirchlichen Arbeitsverhältnissen.

Beispiel: Der fröhliche Organist

Der Organist der Kirchengemeinde St. Marien, Volker S., ist wegen seines fröhlichen Wesens allgemein beliebt. Er feiert sehr gerne, übertreibt es dabei allerdings auch gelegentlich.

Als er von einem Weinfest mit reichlich Alkohol im Blut sein Auto noch nach Hause steuert, wird er von der Polizei erwischt. Um ein Haar hätte er auch noch ein Kind angefahren. Das zuständige Amtsgericht verurteilt ihn daraufhin zu einer empfindlichen Geldstrafe.

Da jedoch keine Beziehung der Straftat zum Arbeitsverhältnis ersichtlich ist, hat Volker S. zwar gegen Regeln verstoßen – nicht aber gegen arbeitsvertragliche Pflichten. Eine Kündigung könnte auf diesen Verstoß also nicht gestützt werden.

Praktisches Vorgehen bei Kündigung: Auf den*die Richter*in kommt es an

Auch wenn klar ist, dass tatsächlich verhaltensbedingte Gründe vorliegen, ist die Prognose schwierig, wie ein Kündigungsrechtsstreit ausgeht. Denn es ist zwar in der Rechtsprechung einigermaßen geklärt, welche Pflichtverstöße grundsätzlich für eine fristlose Kündigung in Betracht kommen; aber ob nach der Abwägung aller Umstände des konkreten Einzelfalls ein Vorwurf für eine fristlose Kündigung oder auch nur für eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung ausreicht oder nicht, ist oft nicht vorhersehbar.

Bis zu einer gerichtlichen Entscheidung – zumal bis zu einer rechtskräftigen, also definitiv verbindlichen Entscheidung – kann es dauern. Das ist in diesem Falle aber oft von Vorteil für den*die betroffene*n Kolleg*in.

Denn bis zur rechtskräftigen Entscheidung kann vor allem Ihr*e Dienstgeber*in nie ganz sicher sein, ob er*sie den Rechtsstreit nicht verliert. Für diesen Fall drohen ihm*ihr oft hohe Gehaltsnachzahlungen. Diese Unsicherheit ist nicht selten ein guter Einstieg in erfolgreiche Abfindungsverhandlungen.

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Seit mittlerweile mehr als 20 Jahren beschäftige ich mich mit dem Arbeitsrecht von A wie Abmahnung über K wie Kündigung bis Z wie Zeugnis. Gesetzgeber und Rechtsprechung sorgen dafür, dass […]