AKTUELLES URTEIL

Verfall des gesetzlichen Urlaubsanspruchs kann im Arbeitsvertrag ausgeschlossen werden

Sind Beschäftigte langzeiterkrankt, verfällt der gesetzliche Mindesturlaub erst 15 Monate nach Schluss des Urlaubsjahres. Diesen Verfall können Beschäftigte und Dienstgebende vertraglich ausschließen, selbst wenn Ihre Arbeitsvertragsrichtlinien anderes besagen (Bundesarbeitsgericht (BAG), 15.7.2025, Az. 9 AZR 198/24).

Maria Markatou

22.10.2025 · 1 Min Lesezeit

Der Fall: Eine Pflegefachkraft war von 2010 bis 2023 angestellt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die AVR-DD Anwendung. In dem Arbeitsvertrag wurde der Verfall des gesetzlichen Urlaubsanspruchs bei Vorliegen einer Langzeiterkrankung jedoch vertraglich ausgeschlossen. Die Beschäftigte war ab Juli 2015 bis zur rechtlichen Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses am 30.6.2023 arbeitsunfähig erkrankt. Am 14.7.2023 verlangte sie die Abgeltung ihres Resturlaubs für die Jahre 2016 bis 2021 in Höhe von 16.908 € auf. Da der Urlaub laut Arbeitsvertrag nicht verfallen konnte, besteht er noch und muss abgegolten werden.

Der Arbeitgeber berief sich dagegen auf § 28 Abs. 7 AVR-DD und damit auf einen Verfall spätestens 15 Monate nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres. Man habe sich auf eine Geltung des AVR-DD geeinigt.

Arbeitgeber musste den Urlaub abgelten

Das Urteil: Der Arbeitgeber der Frau muss die Urlaubsabgeltung bezahlen. Der Urlaubsanspruch ist nicht aufgrund der lang andauernden Erkrankung der Beschäftigten mit Ablauf von 15 Monaten nach Beendigung des jeweiligen Urlaubsjahres erloschen. Denn der Verfall des gesetzlichen Urlaubsanspruchs bei Vorliegen einer Langzeiterkrankung wurde hier wirksam vertraglich ausgeschlossen.

Daran ändern auch die AVR-DD nichts. Bedienen sich kirchliche Arbeitgebende privatautonomer Gestaltungsformen, unterliegen sie auch unter Berücksichtigung ihres Selbstverwaltungs- und Selbstbestimmungsrechts den zwingenden Vorgaben staatlichen Arbeitsrechts (vgl. BAG, 5.10.2023, Az. 6 AZR 210/22).

Fazit: Verträge sind einzuhalten

Das Urteil des BAG ist einleuchtend. Die Kirchen dürfen z. B. in den AVR Sonderwege gehen, wenn sie aber selbst davon abweichen und arbeitsvertragliche Klauseln greifen, wie sie auch weltliche Arbeitgebende nutzen, dann müssen sie sich auch am weltlichen Recht messen lassen. Das gilt für katholische und evangelische Arbeitgebende gleichermaßen. Geben Sie das an Ihre Kolleg*innen weiter.

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Ich habe Rechtswissenschaften in München studiert und bin seit 2004 als Rechtsanwältin zugelassen. Von 2004 bis 2017 war ich Partnerin der Kanzlei Löffler & Partner in München. Seit 2017 bin […]

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