PRAXISWISSEN

So sind Sie zu beteiligen

Ohne die Corona-Pandemie hätte sich das mobile Arbeiten in den deutschen Unternehmen sicher nicht so schnell so weit entwickelt, wie das jetzt geschehen ist. Denn viele Arbeitgeber sind nun viel großzügiger als vor der Pandemie und ermöglichen es ihren Beschäftigten, die Arbeit von zu Hause aus zu erledigen. Unabhängig davon, ob ein Einzelner die Entwicklung begrüßt oder nicht, ist klar, dass sie berufliche Realität ist. Sie als Betriebsrat müssen die wichtigsten Parameter kennen und Ihre Mitbestimmung nutzen, damit Ihr Arbeitgeber bzw. Ihre Arbeitgeberin arbeitnehmerfreundliche Konzepte aufstellt.

Friederike Becker-Lerchner

16.05.2025 · 2 Min Lesezeit

Wie die mobile Arbeit gesetzlich geregelt ist

Ein spezielles Gesetz für die mobile Arbeit, vor allem für die Arbeit im Homeoffice, existiert in Deutschland nicht. Anders als in anderen europäischen Ländern haben Ihren Kolleginnen und Kollegen auch keinen Anspruch auf mobile Arbeit. Ein entsprechender Anspruch wird zwar in der Politik, zuletzt vom früheren Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, immer wieder zur Diskussion gebracht. Bis dato allerdings ohne Umsetzung.

Deshalb sind Sie als Betriebsrat gefragt, wenn Ihre Kolleginnen und Kollegen mobil arbeiten wollen.

So reden Sie als Betriebsrat mit

Anders als bei vielen anderen Themen ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beim Thema Ausgestaltung der mobilen Arbeit inzwischen eindeutig geregelt. Im Juni 2021 wurde § 87 Abs. 1 Nr. 14 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) in den Katalog der mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten aufgenommen. Als Betriebsrat haben Sie also ein zwingendes Mitbestimmungsrecht, wenn es darum geht, wie die mobile Arbeit gestaltet ist. Voraussetzung ist, dass sie mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

Allerdings: Die Mitbestimmung ist auf die Ausgestaltung, also das „Wie“ der mobilen Arbeit beschränkt.

Die Entscheidung darüber, ob überhaupt die Möglichkeit zur mobilen Arbeit bestehen soll, trifft allein die Unternehmensleitung. Insoweit besteht kein Mitbestimmungsrecht.

Mein Tipp: Tragen Sie überzeugende Argumente für die mobile Arbeit vor

Natürlich können Sie bei den regelmäßigen Besprechungen mit der Unternehmensleitung, die nach § 74 BetrVG mindestens einmal im Monat stattfinden sollen, anregen, mobile Arbeit zu ermöglichen. Ein gutes Argument dafür wäre, dass dadurch Ihr Unternehmen gerade für jüngere Beschäftigte attraktiver ist. Im Wettbewerb um gutes Personal kann das ein wichtiger Erfolgsfaktor sein.

Haben Sie auch diese Mitbestimmungsrechte im Blick

Sie können zudem nach § 90 BetrVG von Ihrem Arbeitgeber verlangen, dass er Sie rechtzeitig und umfassend beteiligt, indem er Sie

  • über die Planung von technischen Anlagen, auch EDV-Anlagen, von Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitsplätzen informiert,
  • anhand von Unterlagen zur eigenen Information ins Bild setzt sowie
  • bei den vorgesehenen Maßnahmen und deren Auswirkungen auf die Beschäftigten unter besonderer Berücksichtigung der gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse über die menschengerechte Arbeit informiert.

Beim Festlegen der Arbeitszeit bestimmen Sie mit

Werden für die Telearbeitnehmer Arbeitszeitregelungen getroffen, die Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, deren Verteilung auf die einzelnen Wochentage und Überstundenanordnungen betreffen, bestimmen Sie nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG mit. Im Hinblick auf die Festlegung der Bedingungen sollten Sie an Folgendes denken:

  • die Anwesenheitstage der Kollegen im Betrieb festzulegen,
  • die Vereinbarkeit von Kernarbeitszeiten am Telearbeitsplatz im heimischen Büro zu regeln,
  • mögliche Fixzeiten festzulegen,
  • die Zugangszeiten zum betrieblichen EDV-System abzuklären sowie
  • Regelungen zu Arbeitsnachweisen zu treffen.

Haben Sie Ihre Mitbestimmungsrechte bei Leistungs- und Verhaltenskontrollen im Blick

Fast immer ist es bei der mobilen Arbeit möglich, die Leistung und das Verhalten Ihrer Kollegen zu kontrollieren. Es kommt letztlich nicht darauf an, ob Ihr Arbeitgeber das tatsächlich macht. Allein die Möglichkeit der Kontrolle reicht aus, um Ihnen ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zu verschaffen.

Prüfen Sie, ob Sie einer Versetzung zustimmen müssen

Mit der Einführung der Telearbeit kommt es immer zu einer Versetzung nach § 95 Abs. 3 BetrVG. Denn die heimbasierte Telearbeit ist eine Versetzung. Hier benötigt Ihr Arbeitgeber Ihre Zustimmung nach § 99 BetrVG, vorausgesetzt, in Ihrem Betrieb sind in der Regel regelmäßig mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt. Ist die Versetzung nur mittels einer Änderungskündigung möglich, muss Ihr Arbeitgeber Sie dazu auch anhören (§ 102 BetrVG).

Im Zweifel Schulungen verlangen

Erkennen Sie, dass ein Telearbeitnehmer in seiner Leistung nachlässt, verlangen Sie nach § 97 Abs. 2 BetrVG Schulungen für ihn. Das vermeidet ggf. eine Kündigung wegen Schlechtleistung.

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Ich publiziere seit über 20 Jahren im Bereich Arbeitsrecht. Seit 2005 unterstütze ich Betriebsräte in ganz Deutschland Monat für Monat bei ihren fachlichen Herausforderungen. Darüber hinaus bin ich als Rechtsanwältin, […]

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