PRAXISWISSEN

Sie reden mit, wenn Kollegen wieder länger arbeiten wollen

Bis zum Jahr 2019 hatten Arbeitnehmer lediglich die Möglichkeit, Teilzeit unbefristet zu beantragen (§ 8 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)). Hatten sie sich für Teilzeit entschieden, waren sie daran gebunden. Wollten sie wieder mehr arbeiten, konnten sie ihrem Arbeitgeber das mitteilen und sollten daraufhin bevorzugt behandelt werden. Einen Anspruch hatten sie jedoch nicht. Das hat sich Anfang 2019 geändert. Seitdem können Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen von Ihrem Arbeitgeber auch verlangen, dass Ihre Arbeitszeit für mindestens 1 Jahr und höchstens 5 Jahre befristet reduziert wird (Brückenteilzeit, § 9 a TzBfG).

Friederike Becker-Lerchner

31.03.2025 · 1 Min Lesezeit

Voraussetzungen des Rückkehrrechts

Voraussetzung für das Recht, die Arbeitszeit befristet zu verringern, ist, dass

  • die interessierte Kollegin bzw. der interessierte Kollege seit mehr als 6 Monaten bei Ihrem Arbeitgeber beschäftigt ist und dass
  • in Ihrem Unternehmen in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmer arbeiten.

Zudem müssen Unternehmen mit 45 bis zu 200 Arbeitnehmern stets nur einem je angefangene 15 Arbeitnehmer einen Anspruch auf befristete Arbeitszeitverringerung gewähren. Erst ab einer Belegschaftsgröße von 200 Arbeitnehmern haben Ihre Kollegen ein volles Rückkehrrecht.

Wann Ihr Arbeitgeber einen Anspruch ablehnen kann

Ihr Arbeitgeber darf ein entsprechendes Gesuch aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen. In der Praxis dürfte es Ihrem Arbeitgeber allerdings sehr schwerfallen, zu beweisen, dass ein dringender betrieblicher Grund entgegensteht.

Wichtig: Gute Argumente sind das A und O

Für Ihre interessierten Kollegen kommt es im Zweifel darauf an, dass sie gut argumentieren. Dazu sollten sie auf die Unterstützung eines Rechtsanwalts zurückgreifen.

Brückenteilzeit von 1 bis 5 Jahren

Der Anspruch auf Rückkehr zur Vollzeit ist für einen Zeitraum von 1 bis 5 Jahren festgelegt. Das heißt: Der Arbeitnehmer muss sich im Voraus festlegen, mindestens 1 Jahr lang weniger zu arbeiten. Zudem hat er nach mehr als 5 Jahren kein Rückkehrrecht in Vollzeit mehr.

Antrag muss 3 Monate vorher gestellt werden

Ihre Kollegen müssen die gewünschte Arbeitszeitverringerung auch weiterhin spätestens 3 Monate vor deren Beginn in Textform beantragen. Das heißt z. B. per E-Mail, SMS oder WhatsApp. Selbstverständlich funktioniert auch ein herkömmlicher schriftlicher Antrag. Die entsprechenden Wünsche muss Ihr Arbeitgeber dann mit dem jeweiligen Arbeitnehmer besprechen. Ist er aus formalen oder betrieblichen Gründen mit der Arbeitszeitverringerung nicht einverstanden, muss Ihr Arbeitgeber Ihrem Kollegen das schriftlich mitteilen. Und zwar spätestens einen Monat vor dem Beginn der Arbeitszeitverringerung.

Wenn ein Kollege bereits einen Teilzeitantrag gestellt hat

Hat ein Kollege bereits einen Antrag auf befristete oder unbefristete Arbeitszeitverringerung gestellt, muss Ihr Arbeitgeber einen erneuten Antrag erst

  • 2 Jahre, nachdem er einer unbefristeten Arbeitszeitverringerung zugestimmt hat,
  • 2 Jahre, nachdem er eine befristete oder unbefristete Arbeitszeitverringerung berechtigterweise aufgrund entgegenstehender betrieblicher Gründe abgelehnt hat,
  • 1 Jahr, nachdem er eine befristete Arbeitszeitverringerung abgelehnt hat, weil er sein Soll bereits erfüllt hat (in Unternehmen mit 46 bis 200 Arbeitnehmern),
  • 1 Jahr, nachdem der Kollege aus einer befristeten Arbeitszeitverringerung zur ursprünglichen Arbeitszeit zurückgekehrt ist,

wieder prüfen.

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Ich publiziere seit über 20 Jahren im Bereich Arbeitsrecht. Seit 2005 unterstütze ich Betriebsräte in ganz Deutschland Monat für Monat bei ihren fachlichen Herausforderungen. Darüber hinaus bin ich als Rechtsanwältin, […]