Der Fall: Ein Rabbiner war seit Anfang 2001 in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin angestellt. Am 21.5.2023 wurden der Arbeitgeberin Beschwerden über den Beschäftigten zugetragen: Vorwürfe über sexuelle Gewalt und Manipulationen. Die Arbeitgeberin kündigte am 1.6.2023 fristlos. Der Beschäftigte klagte gegen die Kündigung. Es sei zu sexuellen Kontakten gekommen, allerdings einvernehmlich und ohne Druck. Die Gemeinde erhob Widerklage gegen den Beschäftigten auf Zahlung einer Geldforderung.
Widerklage wird abgewiesen, Kündigung ist wirksam
Das Urteil: Die Widerklage der Gemeinde wurde abgewiesen, die Kündigung war aber wirksam. Nach der Anhörung der von der Gemeinde benannten Zeuginnen steht für die Richter*innen fest, dass der Beschäftigte eine sexuelle Belästigung begangen hat. Er ist der Frau in einer „heiltherapeutischen Sitzung“ in seiner Eigenschaft als Rabbiner gegenübergetreten und hat vorgegeben, sie durch ein Ritual „reinigen“ zu können. Es folgte ein von ihm herbeigeführter Zungenkuss. Das ist eine schwere Pflichtverletzung.
Die Arbeitgeberin konnte hier ohne Abmahnung fristlos aus wichtigem Grund kündigen.
Sie sind anzuhören
Als MAV sind Sie vor jeder Kündigung, auch der fristlosen, anzuhören. Besonders wichtig ist, die Abwägung nachzuvollziehen, ob wirklich ein Grund vorliegt, der die sofortige Auflösung rechtfertigt, oder ob es nicht doch gewichtige Verteidigungsaspekte aufseiten des*der Beschäftigten gibt. In einem Fall wie dem hier dargestellten ist das sicher schwierig.
Aber was, wenn einem z. B. mal die Hand ausrutscht? Das klingt erst mal nach Gewalt. Die Person kann aber auch monatelang geärgert, provoziert und gemobbt worden sein, bis es zur Eskalation kam, und dann sieht die Sache schon anders aus. Deswegen ist es wichtig, dass Sie immer alles gut hinterfragen.
Was tun bei einer Kündigung?
Nach Erhalt einer Kündigung sollten Kolleg*innen mit Ihnen sprechen und Ihre Sicht der Dinge erfahren. Auf alle Fälle ist die 3-Wochen-Frist für die Klage gegen eine Kündigung einzuhalten (beginnend ab Zugang der schriftlichen Kündigung). Sonst gilt die Kündigung als rechtswirksam. Die Klagefrist wird gewahrt, wenn die Kündigungsschutzklage vor Ablauf des letzten Tages der Frist bei Gericht eingeht.
Die Kolleg*innen müssen sich nicht anwaltlich vertreten lassen. Allerdings ist dies oft zielführender, als sich selbst zu vertreten.