Schwerpunktthema

Personalrat Aufgaben: Inklusion im öffentlichen Dienst

In Deutschland leben 7,9 Millionen anerkannte schwerbehinderte Menschen. Davon ist etwa die Hälfte unter 65 Jahren alt, also im erwerbsfähigen Alter. Und die tatsächliche Zahl von behinderten Menschen liegt vermutlich wesentlich höher. Damit verbunden sind auch die Personalrat Aufgaben bei Inklusion, denn die gleichberechtigte Teilhabe schwerbehinderter Beschäftigter ist ein Thema, das ständig fortzuentwickeln ist.

Maria Markatou

01.08.2024 · 4 Min Lesezeit

Mit ihrer Ratifizierung in der Bundesrepublik im März 2009 ist die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) zum übergeordneten deutschen Recht geworden. Bund und Länder sind seitdem dazu verpflichtet, sie zu berücksichtigen und umzusetzen.

Das ist im Wesentlichen durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG) geschehen. Das BTHG war ein umfassendes Gesetzespaket, das in 4 zeitversetzten Reformstufen bis 2023 in Kraft trat und das für Menschen mit Behinderungen viele Verbesserungen gebracht hat.

Es geht darum, die gleichberechtigte Teilhabe und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Und ein großer Teil dessen ist eben auch die Inklusion am Arbeitsplatz.

Ihre Aufgaben als Personalrat bei Inklusion

Bei der Inklusion können Sie als Personalrat unmittelbar präventiv tätig werden: Probleme behinderter Kolleginnen und Kollegen sind im Vorfeld zu erkennen, Gefährdungen zu beurteilen und Lösungsmöglichkeiten mit allen Partnern zu suchen.

Dabei muss auf die Hilfe echter Profis zurückgegriffen werden. Lösungen gelingen nur, wenn sämtliche anderen Beteiligten, wie Agentur für Arbeit, die Integrationsämter, die Versorgungsämter und letztlich natürlich auch die von Behinderung betroffenen Kolleginnen und Kollegen, einbezogen werden.

Denn behinderte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben ein Recht auf

  • Selbstbestimmung,
  • Partizipation,
  • Diskriminierungsschutz,
  • eine barrierefreie Gesellschaft und
  • eine Inklusivgesellschaft.

Inklusion durch Rehabilitation und Teilhabe

Inklusion am Arbeitsplatz kann durch eine Vielzahl von Hilfen begünstigt werden. Und das ist auch für Ihre Kolleginnen und Kollegen in Ihrer Dienststelle möglich.

Einer der wichtigsten Bereiche sind die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und Teilhabe für Menschen mit Behinderungen nach § 42 Sozialgesetzbuch (SGB) IX.

Die Leistungen sollen dazu beitragen, Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung oder Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern.

Unterhaltssichernde und ergänzende Leistungen

Neben den Leistungen der medizinischen Rehabilitation sieht das Gesetz noch weitere wichtige Instrumente vor.

Es gibt unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die von den Reha-Trägern ebenfalls im Zusammenhang mit einer Leistung der medizinischen Rehabilitation oder Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zu übernehmen sind.

Dazu gehören unter anderem Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld, Beiträge und Beitragszuschüsse zur Krankenversicherung, zur Unfallversicherung, zur Rentenversicherung, zur Bundesagentur für Arbeit und zur Pflegeversicherung.

Inklusion durch Barrierefreiheit

Barrierefreiheit bedeutet einen umfassenden Zugang und uneingeschränkte Nutzungschancen aller gestalteten Lebensbereiche.

Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.

Eine Einrichtung muss danach nicht nur erreicht, sondern auch sinnvoll genutzt werden können – und das in der allgemein üblichen Weise.

Beispiel: Barrierefreiheit
Ist der Vordereingang der Dienststelle nicht für Menschen im Rollstuhl nutzbar und werden diese auf einen Hintereingang verwiesen, ist der Zugang nicht „in der allgemein üblichen Weise“ gewährleistet.

Zugang und Nutzung sollen für behinderte Menschen ohne komplizierte Vorkehrungen möglich sein, also zum Beispiel ohne langwierige vorherige Anmeldung oder Beantragung. Dabei sollen Menschen grundsätzlich ohne fremde Hilfe auskommen.

Es soll immer die Lösung gewählt werden, mit der möglichst viele behinderte Menschen eine Einrichtung allein nutzen können.

Mein Tipp: Prüfen Sie Ihre Dienststelle
Prüfen Sie Ihre Arbeitsumgebung auf Barrierefreiheit. Und denken Sie daran: Barrieren sind dafür da, sie zu überwinden und abzubauen.

Die Leistungen der Integrationsämter

  1. Eine Arbeitsassistenz unterstützt bei Arbeiten, die behinderte Kollegen nicht selbst machen können.
  2. Technische Arbeitshilfen erleichtern schwerbehinderten Menschen die Arbeit (z. B. besonderer Bürostuhl).
  3. Kraftfahrzeughilfen ermöglichen es schwerbehinderten Menschen, zur Arbeit zu kommen (Unterstützung bei Kauf oder Umbau eines Fahrzeugs oder wenn erst noch der Führerschein gemacht werden muss).
  4. Wohnungshilfen (Zuschuss oder Darlehen) werden gewährt
  • für den Kauf einer geeigneten Wohnung / eines Hauses,
  • für Umbau oder Ausstattung von Wohnung oder Haus,
  • für den Umzug in eine neue Wohnung / ein neues Haus. Diese(s) muss deutlich näher an der Arbeitsstelle liegen oder in Bezug auf die Behinderung besser geeignet sein.
  • Unterstützung bei der Teilnahme an besonderen, der Behinderung entsprechenden Fortbildungen; diese sollen:
  1. die beruflichen Fähigkeiten erhalten oder verbessern und
  2. den neuesten Stand der Technik vermitteln.

Bestimmen Sie die notwendigen Maßnahmen

Um Barrieren zu beseitigen, können rein organisatorische Maßnahmen viel bewirken. Es kann aber auch eine (aufwendigere) technische Umgestaltung der Arbeitsumgebung angezeigt sein.

Legen Sie die Maßnahmen in der richtigen Reihenfolge fest:

  1. Organisatorische Maßnahmen: Veränderung von Betriebsabläufen, Übertragung von Arbeitsschutzpflichten
  2. Personenbezogene Maßnahmen: Verhaltensregelungen, Unterweisungen, Einsatz Persönlicher Schutzausrüstungen, Bildungsmaßnahmen
  3. Technische Maßnahmen: behindertengerechtes Einrichten der Arbeitsmittel, vorschriftsmäßiges Unterhalten der Anlagen, Maschinen, Geräte und Werkzeuge sowie der Arbeits- und Sozialräume

Aufgaben des Personalrats: Inklusion in der Praxis

Machen Sie sich am besten einen Plan zur Einstellung neuer (schwer-)behinderter oder gleichgestellter Kolleginnen und Kollegen oder Auszubildender. Gehen Sie dabei folgendermaßen vor:

Arbeitshilfen

  • Vor Einstellung prüfen

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Ich habe Rechtswissenschaften in München studiert und bin seit 2004 als Rechtsanwältin zugelassen. Von 2004 bis 2017 war ich Partnerin der Kanzlei Löffler & Partner in München. Seit 2017 bin […]