ARBEITSRECHT

Mangelnde Loyalität im Dienstverhältnis führt zur Kündigung

Bestechlichkeit im Amt ist sicher kein Kavaliersdelikt. Dies musste auch ein Stabsstellenleiter einer Kreisverwaltung erfahren, dessen Beschäftigungsverhältnis aufgrund von „Geldgeschenken für Gefälligkeiten“ gekündigt wurde – und das auch völlig zu Recht (Arbeitsgericht Aachen, 10.12.2024, Az. 2 Ca 2092/24).

Maria Markatou

07.04.2025 · 3 Min Lesezeit

Der Fall: Ein Beschäftigter einer Kreisverwaltung war zunächst seit 2018 ehrenamtlich, ab 2020 auf Basis einer geringfügigen Beschäftigung auf einer Stabsstelle bei der Kreisverwaltung beschäftigt. Am 17.4.2024 erfolgte in den Räumen des Dienstgebers eine Durchsuchung wegen des Verdachts der Schleuserkriminalität gegen den Beschäftigten. Am 17.4.2024 wurde der Beschäftigte dann tatsächlich auch in Untersuchungshaft genommen, bis 8.7.2024. Mit Schreiben vom 19.6.2024 forderte der Dienstgeber den Beschäftigten auf, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Mit Schreiben vom 28.6.2024 sprach der Dienstgeber die außerordentliche Kündigung aus, hilfsweise die ordentliche zum 30.9.2024. Der Beschäftigte wollte das nicht akzeptieren und erhob Kündigungsschutzklage.

Info: Keine Kündigung ohne Anhörung – Auch bei der außerordentlichen Kündigung muss der Personalrat mit ins Boot

Als Personalrat sind Sie vor jeder Kündigung zu hören, das gilt auch für die außerordentliche Kündigung. Ihr Dienstherr muss Ihnen die tragenden Gründe der Kündigung mitteilen und natürlich auch ganz klar, dass er fristlos kündigen will. Im Bundespersonalvertretungsgesetz ist das in § 86 geregelt; in Ihren Landesgesetzen finden sich entsprechende Regelungen. Möchte der Dienstherr wie hier außerordentlich, hilfsweise ordentlich, kündigen, muss er Ihnen dies auch so mitteilen. Für die fristlose und die ordentliche Kündigung gilt jedenfalls: Eine Kündigung, die ohne Anhörung des Personalrats bzw. mit einer mangelnden Anhörung ausgesprochen wird, ist allein aus diesem Grund schon unwirksam. Achten Sie deshalb unbedingt auch auf solche Formalien.

Ordentliche Kündigung ist wirksam – Aufklärungsarbeit muss zügig erfolgen

Das Urteil: Das Gericht entschied, dass die fristlose Kündigung unwirksam ist, die ordentliche Kündigung aber wirksam. Die fristlose Kündigung scheiterte, weil der Dienstgeber die 2-Wochen-Frist des § 622 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) versäumt hat. Erfährt ein Dienstgeber bzw. ein Kündigungsberechtigter von Tatsachen, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen können, muss er die fristlose Kündigung innerhalb von 2 Wochen ab dieser Erkenntnis aussprechen. Aufklärungsarbeiten können diese Frist zwar hemmen. Aber um eine Hemmung auszulösen, hätte der Dienstgeber im Fall schon mit der Durchsuchung am 17.4.2024 mit der Aufklärung beginnen müssen, er hat aber bis zum 19.6.2024 gewartet. Zu diesem Zeitpunkt war die 2-Wochen-Frist nach § 622 Abs. 1 BGB aber leider schon verstrichen.

Mein Tipp: Compliance ins Gedächtnis rufen

Im Fall ging es natürlich um eine astreine Bestechung. Bedenken Sie aber, dass Sie im öffentlichen Dienst auch in einem sehr sensiblen Bereich arbeiten. Der Verdacht auf Bestechlichkeit tritt hier sehr schnell auf. Schon ein Kugelschreiber oder die Pralinen zu Weihnachten können hier problematisch werden. Rufen Sie Ihren Kollegen anhand dieses Falles das Thema Compliance ins Gedächtnis und raten Sie ihnen: Das Geschenk abzulehnen ist im Zweifel der sicherere Weg! Schaffen Sie hier Problembewusstsein; die Geschenke sind vielleicht schön, können aber zu jeder Menge Ärger führen.

Je höher die Position, desto höher sind die Anforderungen an die Loyalität

Dennoch ist die ordentliche Kündigung wirksam. Der Beschäftigte hatte seine eigene Wohnung für Scheinanmeldungen zur Verfügung gestellt. So erlangten Dritte Aufenthaltserlaubnisse. Für dieses Zurverfügungstellen hatte er Geldleistungen empfangen. Dadurch hat er gegen seine arbeitsvertragliche Nebenpflicht der Rücksichtnahme und Loyalität verstoßen. Der Beschäftigte hatte eine herausgehobene Stellung innerhalb der Kreisverwaltung und dadurch auch eine gesteigerte Loyalitätsverpflichtung. Die ordentliche arbeitgeberseitige Kündigung war damit jedenfalls gerechtfertigt.

Fazit: Dienstgebende müssen sich mit der Aufklärungsarbeit beeilen

Das ist die zweite Entscheidung in dieser Ausgabe, in der es sich um die fristlose Kündigung und um die Einhaltung von Fristen dreht. Nehmen Sie als Fazit für sich und Ihren Dienstgebenden mit: Aufklärungsarbeit kann Fristen hemmen, aber nur, wenn sie zügig aufgenommen wird. Lässt man eine Frist erst verstreichen und beginnt dann erst mit der Aufklärung, kann die Frist logischerweise auch nicht mehr gehemmt werden.

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Ich habe Rechtswissenschaften in München studiert und bin seit 2004 als Rechtsanwältin zugelassen. Von 2004 bis 2017 war ich Partnerin der Kanzlei Löffler & Partner in München. Seit 2017 bin […]

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