Entscheidend im Arbeitsverhältnis ist letztlich nicht die Krankheit, sondern die Arbeitsunfähigkeit. Genauer gesagt geht es um die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit.
Das bedeutet, dass Krankheit an sich im Arbeitsverhältnis zunächst einmal keine Rolle spielt, solange sie nicht zu einer Arbeitsunfähigkeit führt.
Ob eine Krankheit zur Arbeitsunfähigkeit führt, hängt dabei von 2 Faktoren ab, nämlich
- von der Art der Erkrankung und
- von der Art der Arbeit.
Zur Verdeutlichung nachfolgend 2 Beispiele:
Leidensgerechte Tätigkeit zwischen Krankheit und Arbeitsunfähigkeit
Praktische Bedeutung kann der Unterschied zwischen Krankheit und Arbeitsunfähigkeit vor allem auch im Bereich der leidensgerechten Beschäftigung bekommen. Bereits der Begriff besagt ja, dass das Leiden bzw. die Krankheit nicht zwingend beseitigt sein muss, um eine Tätigkeit ausüben bzw. arbeiten zu können. Es muss eben nur eine Tätigkeit sein, die zu dem konkreten Leiden, zu der konkreten Krankheit passt.
Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass nicht nur Schwerbehinderte, sondern alle Mitarbeitenden einen Anspruch auf leidensgerechte Beschäftigung haben.
Ihr*e Dienstgeber*in kann möglicherweise die Arbeitsunfähigkeit beeinflussen
Leidensgerecht ist eine Tätigkeit, die ein*e Mitarbeiter*in trotz seiner*ihrer Krankheit erbringen kann. Bei einer leidensgerechten Tätigkeit ist ein*e Mitarbeiter*in also nicht mehr arbeitsunfähig, sondern arbeitsfähig. Da aber 1. die Art der Beschäftigung die Arbeitsunfähigkeit beeinflusst und 2. die Art der Beschäftigung vom*von der Dienstgebenden und der Ausübung seines*ihres Direktionsrechts abhängig ist, kann im Ergebnis die Arbeitsunfähigkeit vom*von der Dienstgebenden abhängen.
Dabei ändert allerdings allein die Möglichkeit, dass der*die Dienstgebende eine andere, leidensgerechte Tätigkeit zuweisen könnte, noch nichts an der Arbeitsunfähigkeit, wenn er*sie diese Möglichkeit nicht umsetzt. Es kommt nämlich bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit immer auf die konkret zugewiesene Tätigkeit an – nicht auf die Tätigkeiten, die ein*e Dienstgeber*in vielleicht sonst noch nach dem Arbeitsvertrag zuweisen könnte.
Die Rechtsprechung gewährt Vergütung eventuell auf Umwegen
Die Tatsache, dass der*die Arbeitgebende es möglicherweise in der Hand hätte, durch Zuweisung einer anderen Tätigkeit die Arbeitsunfähigkeit zu beenden, ändert zunächst einmal nichts daran, dass er*sie infolge der Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der Entgeltfortzahlungsfrist keine Vergütung mehr zu zahlen hat.
Die Rechtsprechung wendet insoweit jedoch einen „Trick“ an: Wenn ein*e Arbeitgeber*in die Arbeitsunfähigkeit durch Zuweisung einer anderen Tätigkeit beenden könnte, das aber gleichwohl nicht tut, verletzt er*sie damit nach der Rechtsprechung seine*ihre vertraglichen Pflichten. Diese Pflichtverletzung führt dazu, dass der*die Arbeitgebende Schadenersatz leisten muss. Und der Schaden ist dann die entgangene Vergütung.
Somit muss der*die Arbeitgebende am Ende dann doch die Vergütung zahlen.