Der Fall: Eine Beamtin arbeitete teils im Homeoffice, teils im Büro. Gelegentlich arbeitete sie an einem Tag zunächst zu Hause und fuhr danach in die Dienststelle, um dort weiterzuarbeiten. Die Wegezeiten (hin und zurück) erfasste sie dabei fälschlicherweise als Arbeitszeit. Insgesamt summierten sich die falsch erfassten Wegezeiten auf mindestens 54 Stunden. Die Beamtin gab an, sie habe während der Fahrten dienstliche E-Mails bearbeitet und sei erreichbar gewesen. Sie behauptete, ihr sei nicht klar gewesen, dass sie sich für die Wegezeit hätte aus- und wieder einbuchen müssen.
Der Dienstherr warf ihr vor, mit dieser Praxis bewusst gegen ihre Dienstpflichten verstoßen zu haben. Sie habe sich so Arbeitszeit „erschlichen“. Deshalb wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Am Ende klagte der Dienstherr auf Entfernung der Beamtin aus dem Beamtenverhältnis. Diese räumte die Verstöße zwar dem Grunde nach ein. Sie versuchte jedoch, sie zu relativieren. Sie beantragte, eine mildere Sanktion zu verhängen.
Die Entscheidung: Das Gericht sah die Vorwürfe der Behörde als weitgehend bewiesen an. Trotzdem: Das VG entschied sich nicht für die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, sondern kürzte die Bezüge der Beamtin für 2 Jahre um ein Zehntel. Damit blieb es bei einer harten, aber nicht endgültigen Strafe.
So begründet das Gericht seine Entscheidung
Die Richter waren überzeugt, dass die Beamtin an insgesamt 37 Tagen Wegezeiten als Arbeitszeit gebucht hatte. Diese Zeiten seien eindeutig Freizeit, keine Arbeitszeit. Insgesamt stützte das Gericht seine Entscheidung im Wesentlichen auf 4 Argumente:
- Verstoß gegen die beamtenrechtliche Wohlverhaltenspflicht: Bestandteil dieser Pflicht ist unter anderem die Wahrheitspflicht. Beamte, die sich Zeitgutschriften erschleichen, indem sie ihre Arbeitszeit nicht oder nicht zutreffend verbuchen, verstoßen gegen diese Wahrheitspflicht.
- Keine ausreichende Reue: Das Gericht sah in der Äußerung der Beamtin keine Einsicht oder Reue. Ihre geäußerte Einsicht in das Fehlverhalten werteten die Richter nicht zu ihren Gunsten. Sie habe das Fehlverhalten nämlich erst eingeräumt, als der Dienstherr es entdeckt hatte. Anders wäre es gewesen, wenn sie den Fehler von sich aus geäußert hätte.
- Kein „Versehen“: Das Gericht ging von zumindest bedingtem Vorsatz aus, nicht nur von Fahrlässigkeit. Die Darstellung der Beamtin, sie habe nicht gewusst, dass sie Fahrten zwischen Dienststelle und Homeoffice nicht als Arbeitszeit buchen durfte, hielt das Gericht für eine Schutzbehauptung. Ein Argument dafür war, dass sie auch bei einer Arbeit ausschließlich in der Dienststelle in der Vergangenheit keine Wegezeiten als Arbeitszeit gebucht hatte.
- Vertrauensverlust: Das Verhalten sei geeignet, das Vertrauen des Dienstherrn in die Beamtin zu zerstören.
Mit diesen 4 Maßnahmen schützen Sie Ihre Kollegen
1. Aufklärung fördern
Setzen Sie sich für Schulungen zur Arbeitszeiterfassung ein.
2. Stellen Sie eine verständliche Kommunikation sicher
Weisen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen auf häufige Fehlerquellen hin. Sorgen Sie für klare, verständliche und leicht auffindbare Regelungen zur Arbeitszeiterfassung (z. B. im Intranet).
3. Beraten Sie im Einzelfall
Ermuntern Sie Ihre Kollegen, bei Zweifelsfragen zur Arbeitszeiterfassung Rat einzuholen, z. B. bei Ihnen als Personalrat. Machen Sie deutlich, dass der Personalrat der erste Ansprechpartner bei Konflikten mit dem Dienstherrn ist.
4. Unterstützen Sie im Disziplinarverfahren
Machen Sie allen Beteiligten bewusst, dass die frühe Einbindung des Personalrats in Disziplinarverfahren oft deeskalierend wirkt und zu sachgerechten Lösungen führt. Setzen Sie sich für verhältnismäßige Maßnahmen ein, wenn Fehler ohne Vorsatz geschehen.