AKTUELLE RECHTSPRECHUNG FÜR DEN BETRIEBSRAT

Hier durfte dem Arbeitnehmer fristlos gekündigt werden

Sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz sind leider keine Seltenheit. Es handelt sich vielmehr um ein ernst zu nehmendes Problem. Für die Betroffenen hat es meist gravierende Auswirkungen. Und es kann zudem auch gravierende Auswirkungen für die Unternehmenskultur haben. Um die Beschäftigten besser zu schützen, ist in § 3 Abs. 4 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) der Schutz vor sexuellen Belästigungen festgeschrieben worden. Arbeitgeber sind verpflichtet, eine sichere Umgebung zu schaffen. Wie ernst sie das nehmen sollten, sehen Sie auch an der folgenden Entscheidung. Das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin hat die fristlose Kündigung eines Rabbiners der Jüdischen Gemeinde Berlin wegen sexueller Belästigung bestätigt (27.3.2025, Az. 58 Ca 6242/23).

Friederike Becker-Lerchner

30.05.2025 · 2 Min Lesezeit

Rabbiner wird sexuelle Gewalt vorgeworfen

Der Fall: Der Arbeitnehmer war seit dem Jahr 2001 als Rabbiner bei der jüdischen Gemeinde in Berlin beschäftigt. Am 21.5.2023 erreichten die Arbeitgeberin Beschwerden über den Rabbiner. Diesem wurde sexuelle Gewalt und Manipulation gegenüber einer Frau aus der Gemeinde vorgeworfen. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis daraufhin am 1.6.2025 fristlos.

Das wollte der Arbeitnehmer nicht hinnehmen. Er erhob fristgerecht Kündigungsschutzklage. In dieser bestritt er die Vorwürfe. Zudem stellte er klar, dass, soweit es zum sexuellen Kontakt gekommen sei, dies einvernehmlich und ohne Druck erfolgt sei.

Gericht hält Kündigung für wirksam

Die Entscheidung: Das Gericht hielt die fristlose Kündigung für wirksam. Das begründete es damit, dass es davon überzeugt sei, dass der Arbeitnehmer die Frau sexuell belästigt habe. Dabei habe er zudem das von ihr entgegengebrachte Vertrauen ausgenutzt. In diesem Verhalten erkannte das Gericht eine schwere Pflichtverletzung. Diese rechtfertige eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung, stellte das Gericht klar.

Ihre Rolle als Betriebsrat

Als Betriebsrat sind Sie zu einer entsprechenden Kündigung anzuhören (§ 102 BetrVG). Allerdings werden Sie dem Vorhaben Ihres Arbeitgebers in einer vergleichbaren Situation wahrscheinlich wenig entgegensetzen können, und sollten es auch nicht.

Sie haben zudem ein Mitbestimmungsrecht bei Fragen der betrieblichen Ordnung des Betriebs (§ 87 Abs. 1 BetrVG). Sie können deshalb mitbestimmen, unter welchen Voraussetzungen Ihr Arbeitgeber sexuelle Belästigungen im Betrieb ahnden kann oder muss.

Außerdem ist es Ihre Aufgabe, darüber zu wachen, dass Ihr Arbeitgeber geeignete, also vor allem vorbeugende Maßnahmen ergreift, die Ihre Kollegen und Sie vor sexueller Belästigung schützen (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). Sie können entsprechende Vorschläge machen (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG).

Fazit: Sexuelle Belästigung hat im Arbeitsumfeld nichts zu suchen

Sexuelle Belästigung ist ein schweres Fehlverhalten. Dieses wird weder im üblichen Arbeitsalltag noch in einem lockeren Umfeld wie z. B. auf einer Betriebsfeier toleriert.

§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG: Mitbestimmung

Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

(1) Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;

ADIUVA Impuls

Sexuelle Belästigungen können an jedem Arbeitsplatz passieren. Das AGG schützt Ihre Kolleginnen und Kollegen vor jeder Form der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz und verpflichtet Ihren Arbeitgeber dazu, ein sicheres Umfeld zu schaffen. Die wichtigsten Informationen, die Sie als Betriebsrat zu diesem Thema kennen müssen, lesen Sie auch unter www.adiuva.de

Wie hat Ihnen dieser Artikel gefallen?

0
0

426
0
241
Ich publiziere seit über 20 Jahren im Bereich Arbeitsrecht. Seit 2005 unterstütze ich Betriebsräte in ganz Deutschland Monat für Monat bei ihren fachlichen Herausforderungen. Darüber hinaus bin ich als Rechtsanwältin, […]

Ausgaben

Ausgaben

Urteilsdienst für den Betriebsrat

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Mehr interessante Beiträge