Frage 1: Welche Rechte haben Sie als Betriebsrat bei der Einführung von Überwachungstechnologien?
Frage: Welche Mitbestimmungsrechte haben Sie als Betriebsrat, wenn der Arbeitgeber Überwachungstechnologien wie Kameras oder Software zur Mitarbeiterüberwachung einführen möchte?
Antwort: Sie haben gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats einholen muss, bevor solche Technologien eingeführt werden dürfen. Ein Beispiel hierfür ist das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 29.6.2004 (Az. 1 ABR 21/03), das die Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Einführung von Überwachungskameras bestätigt. Andere Beispiele für technische Überwachungseinrichtungen sind Zeiterfassungssysteme oder Software zur Leistungsanalyse.
Sie üben die Mitbestimmungsrechte des § 87 Abs. 1 BetrVG in der Regel durch den Abschluss einer Betriebsvereinbarung aus. Können Sie sich mit Ihrem Arbeitgeber nicht einigen, entscheidet auf Antrag des Arbeitgebers oder auf Ihren Antrag hin die Einigungsstelle.
Frage 2: Darf der Arbeitgeber ohne Ihre Zustimmung interne Ermittlungen durchführen?
Frage: Ist der Arbeitgeber berechtigt, interne Ermittlungen ohne Ihre Zustimmung als Betriebsrat durchzuführen?
Antwort: Beim Verdacht von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten kann es erforderlich werden, dass der Arbeitgeber interne Ermittlungen durchführt, um die Fehler und das Ausmaß des Verstoßes festzustellen und Anhaltspunkte für Präventionsmaßnahmen zu finden. Grundsätzlich haben Sie als Betriebsrat kein generelles Mitbestimmungsrecht bei der Durchführung solcher interner Ermittlungen.
Mitbestimmungsrechte können bestehen, wenn der Arbeitgeber zur Überwachung technische Einrichtungen einsetzt. Auch eine Befragung von Mitarbeitern per standardisiertem Fragebogen kann ein Mitbestimmungsrecht auslösen.
Im Übrigen müssen Sie als Betriebsrat gemäß § 80 Abs. 2 BetrVG über den Ablauf der Ermittlungen informiert werden, damit Sie Ihre Überwachungsaufgaben wahrnehmen können. Insbesondere können Sie daher die Informationen verlangen, die Sie brauchen, um das Vorliegen von Mitbestimmungstatbeständen oder die Einhaltung von datenschutzrechtlichen Vorgaben zu prüfen.
Frage 3: Welche Rolle spielen Sie als Betriebsrat bei der Nutzung von Mitarbeiterdaten?
Frage: Welche Mitbestimmungsrechte hat der Betriebsrat bei der Nutzung und Verarbeitung von Mitarbeiterdaten im Rahmen von Überwachungsmaßnahmen?
Antwort: Als Betriebsrat haben Sie gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei der Nutzung und Verarbeitung von Mitarbeiterdaten, wenn diese Daten durch technische Einrichtungen erhoben werden. Dies umfasst auch die Nutzung von E-Mails und Internetdaten.
Ein relevantes Urteil hierzu ist das BAG-Urteil vom 13.12.2016 (Az. 1 ABR 7/15), das die Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Nutzung von durch technische Einrichtungen erhobenen Daten bestätigt. In dem Fall nahm das BAG ein Mitbestimmungsrecht an, weil der Arbeitgeber eine Facebookseite betrieb, die es den Nutzern von Facebook ermöglichte, Statements zum Verhalten und zur Leistung der beschäftigten Arbeitnehmer zu veröffentlichen. Die Bereitstellung dieser Kommentarfunktion unterlag nach Ansicht des BAG der Mitbestimmung des Betriebsrats.
Frage 4: Welche Möglichkeiten haben Sie bei unzulässigen Überwachungsmaßnahmen?
Frage: Welche Schritte können wir als Betriebsrat unternehmen, wenn wir von unzulässigen Überwachungsmaßnahmen des Arbeitgebers erfahren?
Antwort: Verletzt der Arbeitgeber die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats, können Sie rechtliche Schritte einleiten. Dazu gehört die Anrufung der Einigungsstelle oder des Arbeitsgerichts. In dringenden Fällen kann der Betriebsrat auch eine einstweilige Verfügung beantragen, um die Durchführung der Maßnahme zu stoppen. Zudem können Sie als Betriebsrat Unterlassungsansprüche geltend machen, um zukünftige Verstöße zu verhindern. Achten Sie auf eine vorherige sorgfältige Beschlussfassung im Betriebsrat, bevor Sie gerichtliche Maßnahmen einleiten.
Frage 5: Welche Pflichten hat der Arbeitgeber bei der Durchführung interner Ermittlungen?
Frage: Welche rechtlichen Pflichten muss der Arbeitgeber bei der Durchführung interner Ermittlungen beachten?
Antwort: Der Arbeitgeber muss bei der Durchführung interner Ermittlungen die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Mitarbeiter wahren und Sie gemäß § 80 Abs. 2 BetrVG informieren. Zudem muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass die Ermittlungen fair und transparent durchgeführt werden. Ein relevantes Urteil hierzu ist das BAG-Urteil vom 20.6.2013 (Az. 2 AZR 546/12), das die Pflichten des Arbeitgebers bei internen Ermittlungen klarstellt. In dem Fall entschied das BAG, dass der Arbeitgeber grundsätzlich nicht persönliche Schränke der Beschäftigten ohne ihr Einverständnis öffnen und durchsuchen darf. Etwas anderes kann nur bei Vorliegen zwingender Gründe gelten, etwa wenn der Ermittlungserfolg sonst massiv gefährdet ist. Verstößt der Arbeitgeber gegen diese Vorgaben, können die Ergebnisse, z. B. aus der Schrankdurchsuchung, nicht im Prozess gegen den Arbeitnehmer verwertet werden.
Frage 6: Welche Rechte haben Mitarbeiter bei Überwachungsmaßnahmen?
Frage: Welche Rechte haben Mitarbeiter, wenn sie von Überwachungsmaßnahmen betroffen sind?
Antwort: Mitarbeiter haben das Recht, über die Überwachungsmaßnahmen informiert zu werden. Sie können gemäß Art. 13 DSGVO grundsätzlich Auskunft über die erhobenen Daten verlangen. Außerdem können sie sich an den Betriebsrat wenden, der ihre Interessen vertritt und gegebenenfalls Maßnahmen gegen unzulässige Überwachungen ergreifen kann.
Verdeckte Überwachungsmaßnahmen, wie heimliche Videoaufnahmen oder das heimliche Abhören von Gesprächen, sind nur in Ausnahmefällen zulässig und unterliegen strengen rechtlichen Voraussetzungen. Mit Urteil vom 27.3.2003 (Az. 2 AZR 51/02) hat das BAG entschieden, dass Arbeitgeber bei einem konkreten Diebstahlsverdacht ihre Angestellten auch heimlich mit der Videokamera beobachten dürfen. Voraussetzung dafür ist, dass ein konkreter Verdacht gegen Mitarbeiter besteht und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt ist.
Leider haben die BAG-Richter in dem Urteil auch bestätigt, dass die Kündigung nicht bereits deswegen unwirksam ist, weil der Betriebsrat nicht vor der Installation der Kamera beteiligt wurde. Die Richter bestätigten zwar, dass insoweit ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bestanden hätte. Die Richter entschieden aber auch, dass die Erkenntnisse aus der nichtmitbestimmten Videoüberwachung im Prozess gegen den Arbeitnehmer verwertet werden dürfen, wenn der Betriebsrat der Kündigungsabsicht zustimmte, obwohl er von der Videoüberwachung wusste.
Als Betriebsrat sollten Sie gerade im Fall von verdeckten Ermittlungen umgehend das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften bestehen. Gegebenenfalls können Sie rechtliche Schritte einleiten, um die Rechte der Arbeitnehmer zu schützen. Infrage kommt z. B. eine Anfrage bei der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde. Das ist grundsätzlich der/die Landesbeauftragte für Datenschutz des Bundeslandes, in dem der Betrieb seinen Sitz hat.
Frage 7: Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei der Untersuchung von Hinweisen durch Whistleblower?
Frage: Welche Rechte hat der Betriebsrat bei der Untersuchung von Hinweisen, die durch Whistleblower gemeldet werden?
Antwort: Der Betriebsrat hat gemäß § 80 Abs. 2 BetrVG das Recht, über Ablauf der Untersuchungen informiert zu werden, um seine Überwachungsaufgaben wahrnehmen zu können. Allerdings sieht das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) keine speziellen Beteiligungsrechte des Betriebsrats vor. Daher kommen lediglich die allgemeinen Beteiligungsrechte, also insbesondere § 80 Abs. 2 und § 87 BetrVG, in Betracht. Die Einführung von Hinweisgebersystemen kann nämlich mitbestimmungspflichtig sein, speziell, wenn sie technische Einrichtungen beinhalten, die das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer überwachen, z. B. im Zusammenhang mit Meldekanälen. Als Betriebsrat sollten Sie prüfen, ob die geplanten Systeme solche Funktionen enthalten, und gegebenenfalls Ihre Mitbestimmungsrechte geltend machen.
Zudem hat der Betriebsrat das Recht, über die Einführung und Funktionsweise solcher Systeme informiert zu werden. So muss der Arbeitgeber Sie zum Beispiel im Rahmen von § 80 Abs. 2 BetrVG darüber informieren, ob die Voraussetzungen für die Einrichtung interner Meldestellen (§ 12 Abs. 1 HinSchG) erfüllt sind. Nur so können Sie prüfen, ob Sie als Betriebsrat aktiv werden müssen.