PRAXISWISSEN

Erzählen Sie nicht zu viel

Ein Krankenrückkehrgespräch führt Ihr Arbeitgeber mit einem Kollegen, der längere Zeit arbeitsunfähig krank gewesen ist, um herauszufinden, ob es ihm wieder gut geht. Zudem wollen die meisten Arbeitgeber dadurch ausloten, ob die Ursache der Erkrankung im betrieblichen Bereich zu suchen ist. Vergessen Sie bei solchen Gesprächen nicht, dass Ihr Arbeitgeber damit auch eine gewisse Kontrolle ausübt. Darauf, dass das nicht zu viel wird, können Sie Einfluss nehmen.

Friederike Becker-Lerchner

28.04.2025 · 2 Min Lesezeit

Arbeitgeber versuchen Rückkehrgespräche in ein gutes Licht zu rücken

Mit dem Argument, dass sie die Ursachen einer Erkrankung vielleicht abstellen können, sowie mit der Begründung, dass sie so ihrer Fürsorgepflicht nachkommen, versuchen die meisten Arbeitgeber, die Krankenrückkehrgespräche in ein gutes Licht zu rücken. Sachlich sind diese Argumente sicherlich korrekt. Trotzdem sollten Sie als Betriebsrat wachsam sein.

Sie reden mit

Als Betriebsrat bestimmen Sie bei vielen Krankenrückkehrgesprächen mit (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz) – immer dann, wenn es sich um formalisierte Gespräche mit mehreren Kollegen handelt. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass das Mitbestimmungsrecht immer dann besteht, wenn die formalisierten Gespräche zur Aufklärung eines überdurchschnittlichen Krankenstands dienen. Es geht dabei um das Verhalten der Beschäftigten in Bezug auf die betriebliche Ordnung und nicht um das Verhalten bei der Arbeitsleistung an sich.

Gesprächsregelung muss ausgehandelt werden

Eine Gesprächsregelung müsste Ihr Arbeitgeber mit Ihnen aushandeln. Bei den entsprechenden Verhandlungen sollten Sie die folgenden Punkte festhalten:

  • Ziel des Gesprächs; z. B. Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses in gesundem Zustand
  • Ursache für die Fehlzeiten
  • Welche Möglichkeiten gibt es, das Ziel zu erreichen (Verringerung der Arbeitszeit, Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz etc.)?

Mein Tipp: Sichern Sie sich Ihren Teilnahmeanspruch

Treffen Sie mit Ihrem Arbeitgeber eine Regelung, nach der Sie als Betriebsrat an diesen Gesprächen teilnehmen. Auf Wunsch eines Betroffenen können Sie immer hinzugezogen werden.

Berücksichtigen Sie diese 5 Punkte

  1. Nicht zu kurzfristig: Häufig werden solche Gespräche sehr kurzfristig angesetzt. Das erzeugt allerdings noch mehr Druck auf den Betroffenen. Ihr Kollege sollte mindestens 2 Tage Zeit haben, sich auf ein solches Gespräch einzustellen. Zudem sollte Ihr Kollege nicht im Unklaren über den zu besprechenden Punkt gelassen werden.
  2. Persönlichkeitsrechte wahren: Ihr Arbeitgeber darf das Persönlichkeitsrecht Ihres Kollegen nicht verletzen. Er darf vielmehr nur nach arbeitsplatzbezogenen Ursachen suchen. So bedeutet z. B. die Frage nach dem Krankheitsgrund einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte Ihres Kollegen. Er muss diese Frage deshalb nur bei berechtigten betrieblichen Interessen wahrheitsgemäß beantworten (Beispiel: wegen eventueller Ansteckungsgefahr oder weil betriebliche Ursachen zur Krankheit geführt haben). Zudem ist er zur wahrheitsgemäßen Beantwortung der Frage verpflichtet, wenn er gesundheitlich nicht mehr in der Lage ist, seine Aufgaben zu erfüllen.
  3. Aussagen über das Privatleben oder sogar dessen Einfluss auf die Gesundheit muss Ihr Kollege nicht machen. Er sollte keinesfalls private Verhältnisse ausplaudern.
  4. Jede Frage, die rein persönlich ist, muss nicht beantwortet werden.

Achtung: Ihr Chef kann mit einem betrieblichen Interesse argumentieren

Ihr Arbeitgeber kann sich allerdings im Hinblick auf die Persönlichkeitsrechte auf ein betriebliches Interesse stützen, wenn er den begründeten Verdacht hat, dass ein Kollege seine Krankheit nur vorgetäuscht hat. Dazu müsste er allerdings im Zweifel handfeste Indizien vortragen können.

  1. Keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen androhen: Hin und wieder übertreiben es die Arbeitgeber zudem. Sie drohen genesenen Kollegen in einem solchen Gespräch arbeitsrechtliche Konsequenzen an. Das ist schlicht kontraproduktiv. Denn so übt Ihr Arbeitgeber nur noch mehr Druck auf den Kollegen aus.

Betriebsvereinbarung schließen

Am besten schließen Sie mit Ihrem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung zum Thema „Rückkehrgespräche“ ab. So können Sie alle wichtigen Punkte schriftlich festzurren.

BEM ist auch bei psychischen Belastungen Pflicht

Nicht mit den Krankenrückgesprächen zu verwechseln ist das betriebliche Eingliederungsmanagement. Ist ein Arbeitnehmer bzw. eine Arbeitnehmerin während eines Jahres länger als 6 Wochen arbeitsunfähig erkrankt, hat der Arbeitgeber ein BEM durchzuführen. Dazu ist er gesetzlich verpflichtet.

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Ich publiziere seit über 20 Jahren im Bereich Arbeitsrecht. Seit 2005 unterstütze ich Betriebsräte in ganz Deutschland Monat für Monat bei ihren fachlichen Herausforderungen. Darüber hinaus bin ich als Rechtsanwältin, […]

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