WICHTIGES URTEIL

Entschädigungsanspruch nach AGG leicht gemacht

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) enthält Beweiserleichterungen für diskriminierte Mitarbeitende oder Bewerbende. Das hat der Gesetzgeber ausdrücklich so entschieden. Interessant ist, wie die Gerichte in der Praxis den entscheidenden § 22 AGG konkret anwenden und auslegen.

Michael Tillmann

19.05.2025 · 1 Min Lesezeit

Der Fall: Ein schwerbehinderter Bewerber bewarb sich auf eine ausgeschriebene Stelle. Im Bewerbungsschreiben wies er auf seine Schwerbehinderung hin. Kurz nach seiner Bewerbung erhielt er eine Absage. Der Bewerber machte einen Entschädigungsanspruch wegen Diskriminierung aufgrund seiner Schwerbehinderung nach dem AGG geltend. Der Arbeitgeber wehrte sich mit dem Argument, die Absage sei allein deswegen erfolgt, weil der Bewerber die Anforderungen der Stellenausschreibung nicht erfüllt habe. Der Bewerber erklärte, der Arbeitgeber habe unter anderem die Pflicht aus § 164 Abs. 1 Satz 4 Sozialgesetzbuch IX verletzt, den bei ihm eingerichteten Betriebsrat über seine Bewerbung unmittelbar nach deren Eingang zu unterrichten. Irgendwelche Hinweise für diesen angeblichen Verstoß nannte der Bewerber nicht. Dieser Verstoß und andere Verstöße begründeten jeweils die Vermutung der Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung.

Die Entscheidung: Das Bundesarbeitsgericht gab dem abgelehnten Bewerber dem Grunde nach recht (BAG, 14.6.2023, Az. AZR 136/22). Es sprach ihm einen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu. Das BAG stützte sich auf die spezielle Beweislastregelung in § 22 AGG. Das Vorbringen des Bewerbers reiche als „Indizien“ in diesem Sinne aus, um die Beweislast auf die Arbeitgeberseite zu verschieben.

Fazit: Verletzung Ihrer Rechte als MAV kann für Ihre*n Dienstgeber*in gefährlich sein

Verblüffend, wie wenig für den Bewerber ausgereicht hat, um an eine Entschädigung zu kommen. Er hat sich einfach darauf berufen, der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden – offenbar ohne dass er davon wusste. Für Ihre*n Dienstgeber*in ist es also nicht nur gefährlich, AGG-Regeln zu verletzen, sondern auch, Sie als MAV nicht ordentlich zu beteiligen. Das sollte Ihr* Dienstgeber*in vielleicht erfahren, falls er*sie es nicht schon weiß.

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Seit mittlerweile mehr als 20 Jahren beschäftige ich mich mit dem Arbeitsrecht von A wie Abmahnung über K wie Kündigung bis Z wie Zeugnis. Gesetzgeber und Rechtsprechung sorgen dafür, dass […]

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