GRUNDWISSEN

Elternzeit – Zeit fürs Kind und für das Familienleben

Als Eltern sollte man Zeit für seine Kinder haben – klar. Aber wie lässt sich das mit dem Beruf vereinbaren? Eine Antwort darauf kann wahrscheinlich nur für jede Familie und für jede*n Mitarbeiter*in individuell erfolgen. Der Gesetzgeber hilft aber zumindest mit der Elternzeit, um wirklich Zeit als Eltern zu haben.

Michael Tillmann

06.06.2025 · 6 Min Lesezeit

Voraussetzungen für den Anspruch auf Elternzeit

Das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) regelt in § 15 den Anspruch auf Elternzeit. Anspruchsberechtigt sind danach Mütter und Väter im Arbeitsverhältnis. Mitarbeitende können Elternzeit aber nicht nur für eigene Kinder in Anspruch nehmen, sondern teilweise auch für andere Kinder, insbesondere für Adoptiv- und Pflegekinder.

Der Anspruch gilt nicht nur für Mitarbeitende in einem „normalen“ Vollzeitarbeitsverhältnis, sondern auch für Mitarbeitende in Teilzeit, in befristeten Arbeitsverhältnissen, in Minijobs oder in der Ausbildung. Jeder Elternteil hat dabei einen eigenen Anspruch, unabhängig von einer eventuellen Elternzeit des anderen Elternteils.

Bei Dauer und Lage der Elternzeit sind Sie sehr flexibel

Anspruch auf Elternzeit besteht für 3 Jahre. Die Elternzeit muss aber nicht zwingend in den ersten 3 Jahren nach der Geburt des Kindes vollständig und an einem Stück genommen werden. Vielmehr dürfen die anspruchsberechtigten Mitarbeitenden die Elternzeit flexibel nutzen, vor allem im Hinblick auf die zeitliche Lage der Elternzeit.

Dazu im Einzelnen zu den wesentlichen 3 Modellen:

  • Möglichkeit 1: Die Eltern können die Elternzeit sofort vollständig ab der Geburt des Kindes nehmen. Die Elternzeit endet dann mit der Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes.

Wichtiger Hinweis: Ende der Elternzeit beachten!

Wenn sich ein*e Kolleg*in als Mitarbeiter*in für dieses „Grundmodell“ entscheidet, sollte er*sie darauf achten, dass der 3. Geburtstag des Kindes dann nicht etwa der letzte Tag der Elternzeit ist, sondern bereits wieder sein*ihr erster Arbeitstag.

Falls Ihr*e Kolleg*in also keine besondere Absprache mit dem*der Dienstgebenden trifft oder für den Geburtstag des Kindes Urlaub nimmt, muss er*sie leider am Geburtstag seines*ihres Kindes wieder arbeiten.

  • Möglichkeit 2: Ein Anteil von 24 Monaten (= 2 von 3 Jahren der Elternzeit) kann auf die Zeit bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres des Kindes übertragen werden. Hierfür ist nach aktueller Rechtslage keine Zustimmung des*der Dienstgebenden mehr erforderlich. Es besteht also bezüglich der Lage der Elternzeit eine hohe Flexibilität.
  • Möglichkeit 3: Ihre Kolleg*innen dürfen die Elternzeit auch noch weiter „stückeln“. Sie sind also nicht darauf beschränkt, die Elternzeit in 2 Teile aufzuspalten. Vielmehr können sie gemäß § 16 Abs. 1 Satz 6 BEEG bis zu 3 Zeitabschnitte bestimmen. Auch das geht ohne Zustimmung Ihres*Ihrer Dienstgebenden. Erst wenn sie die Elternzeit in noch mehr „Portionen“ aufteilen möchten, benötigen sie die Zustimmung des*der Dienstgebenden.

Dauer der Elternzeit: „Flexibilität nach unten“

Was die Dauer der Elternzeit betrifft, bilden die 3 Jahre eine Höchstgrenze.

Es ist dem*der betroffenen Kolleg*in aber natürlich unbenommen, auch für einen deutlich kürzeren Zeitraum, also beispielsweise nur für 6 Monate, in Elternzeit zu gehen. Somit besteht bei der Dauer des Elternzeit zumindest eine „Flexibilität nach unten“.

So läuft das Verfahren, um die Elternzeit zu beantragen

Wer als Mitarbeiter*in Elternzeit beantragen möchte, muss dies 7 Wochen vor dem gewünschten Beginn der Elternzeit tun (§ 16 Abs. 1 BEEG). Das gilt jedenfalls für die „Standardversion“ der Elternzeit bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes. Wer dagegen für den Zeitraum danach bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres des Kindes Elternzeit nehmen möchte, hat hierfür eine Antragsfrist von 13 Wochen einzuhalten.

Wichtiger Hinweis: Für den Antrag gelten Formvorschriften!

Der Antrag muss unbedingt formgemäß gestellt werden, um wirksam zu sein. Dabei gilt im Hinblick auf Kinder, die vor dem 1.5.2025 geboren sind, die strenge gesetzliche Schriftform. Das bedeutet, dass insbesondere ein Antrag per E-Mail nicht ausreicht. Vielmehr muss der Antrag ganz „altmodisch“ auf Papier gedruckt oder geschrieben und von dem*der Mitarbeitenden eigenhändig unterzeichnet werden. Ist das Kind jedoch ab dem 1.5.2025 geboren, reicht die sogenannte Textform. Diese umfasst insbesondere auch Anträge per E-Mail.

Eine besondere Option: Teilzeit während der Elternzeit

Anstatt eine „Vollauszeit“ für die Kinderbetreuung zu nehmen, kann Ihr*e Kolleg*in als Mitarbeiter*in auch eine „Teilauszeit“ nehmen. Es gibt nämlich während der Elternzeit einen speziellen Anspruch auf Teilzeit nach § 15 Abs. 7 BEEG.

Dafür müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Der*Die betroffene Kolleg*in muss eine Betriebszugehörigkeit von mindestens 6 Monaten aufweisen.
  • Der*Die Dienstgebende muss mindestens 15 Mitarbeitende beschäftigen. Auszubildende werden dabei nicht mitgezählt. Es zählen „alle Köpfe“, also nicht etwa Teilzeitstellen nur anteilig wie beim Kündigungsschutzgesetz (KSchG).
  • Die Teilzeit darf maximal 2-mal während der Elternzeit verlangt werden.

Der*Die Arbeitgebende kann den Antrag auf Teilzeit in Elternzeit nur ablehnen, wenn „dringende“ betriebliche Gründe vorliegen.

So ist das Verhältnis von Teilzeit in Elternzeit und „normaler“ Teilzeit

Bekanntlich gibt es nicht nur den speziellen Anspruch auf Teilzeit in Elternzeit, sondern auch einen „ganz normalen“ Anspruch auf Teilzeit für Mitarbeitende – völlig unabhängig von einer Elternzeit.

Ersetzt nun während einer Elternzeit der spezielle Teilzeitanspruch den normalen Teilzeitanspruch? Nein! Beide Ansprüche bestehen parallel nebeneinander, sofern die jeweiligen Voraussetzungen vorliegen. Die Voraussetzungen bei der „normalen“ Teilzeit sind etwas anders (siehe hierzu die Themenausgabe zur Teilzeit, August 2024). Der*Die Mitarbeitende hat die Wahl, welchen Teilzeitanspruch er*sie geltend macht. Dabei ist keiner der beiden Ansprüche per se besser oder schlechter als der andere. Vielmehr haben die beiden Ansprüche unterschiedliche Voraussetzungen und unterschiedliche Möglichkeiten.

Der wichtigste Vorteil und der wichtigste Nachteil

Der wesentlichste Vorteil für Mitarbeitende bei der speziellen Teilzeit in Elternzeit gegenüber der normalen Teilzeit ist, dass der*die Arbeitgebende zur Ablehnung der Teilzeit nicht nur „einfache“, sondern „dringende“ betriebliche Gründe vorbringen muss. Die Hürde, die er*sie überspringen muss, ist also höher.

Der wichtigste Nachteil der speziellen Teilzeit in Elternzeit gegenüber der normalen Teilzeit ist hingegen, dass der*die Arbeitnehmende sich in ein „engeres Korsett“ einfügen muss: Die reduzierte Arbeitszeit muss nämlich zwischen 15 und 32 Wochenstunden liegen.

Fazit: Genau hinsehen ist wichtig

Man sollte sich als Arbeitnehmer*in daher immer genau überlegen, welche der beiden Anspruchsmöglichkeiten besser zu der eigenen Situation passt, und dann die entsprechende Option wählen.

Mein Tipp: Teilzeit während Elternzeit

Ein Anspruch auf Teilzeit in Elternzeit kann auch noch geltend gemacht werden, wenn man während der Elternzeit zunächst gar nicht gearbeitet hat. Zwar handelt es sich dann ja eigentlich nicht mehr um eine „Reduzierung“ der Arbeitszeit, aber die Rechtsprechung nimmt als Bezugspunkt nicht die zuletzt geleistete „Null-Arbeitszeit“, sondern weiterhin die Arbeitszeit vor Beginn der Elternzeit. Somit ist eine „Reduzierung“ der Arbeitszeit auch noch später während der laufenden Elternzeit möglich.

Während der Elternzeit genießt der*die Mitarbeitende besonderen Kündigungsschutz

Ihr*e Dienstgeber*in darf das Dienstverhältnis ab dem Zeitpunkt, ab dem der*die Kolleg*in Elternzeit verlangt hat, grundsätzlich nicht mehr kündigen. Allerdings kann der*die Kolleg*in durch einen sehr frühen Antrag den Beginn des Sonderkündigungsschutzes nicht beliebig vorziehen:

Der Schutz beginnt nämlich maximal 8 Wochen vor Beginn der Elternzeit. Wenn es um Elternzeit nach dem 3. Lebensjahr des Kindes geht, kann der Schutz maximal 14 Wochen vor Beginn der Elternzeit eintreten.

Doch in der Juristerei gibt es (fast) keine Regel ohne Ausnahme. So kann in besonderen Fällen die zuständige Arbeitsschutzbehörde die Kündigung auf entsprechenden Antrag des*der Arbeitgebenden ausnahmsweise für zulässig erklären. Derartige Anträge werden jedoch recht selten gestellt und sind noch seltener erfolgreich. Die Anforderungen für eine Zulassung der Kündigung durch die Behörde liegen nämlich äußerst hoch.

Mit Ende der Elternzeit endet auch der besondere Kündigungsschutz – ohne irgendeine Übergangsfrist oder Nachwirkung. Das ändert aber nichts daran, dass der allgemeine Kündigungsschutz nach dem KSchG bestehen bleibt, wenn die Voraussetzungen (mehr als 6 Monate Betriebszugehörigkeit und mehr als 10 Mitarbeitende im Betrieb) vorliegen.

Konkret bedeutet das, dass der*die Arbeitgebende auch dann nicht einfach so ohne Grund kündigen darf. Er*Sie muss sich dann beispielsweise auf betriebsbedingte oder verhaltensbedingte Gründe berufen.

Vorsicht bei der Rückkehr aus der Elternzeit

Wenn die Elternzeit abgelaufen ist, lebt das Arbeitsverhältnis mit seinem bisherigen Inhalt automatisch wieder auf. Das bedeutet insbesondere, dass ein Vollzeitarbeitsverhältnis auch weiterhin ein Vollzeitarbeitsverhältnis bleibt.

Oft passt das in die Lebens- und Familienplanung gerade von Müttern, die aus der Elternzeit zurückkehren, nicht hinein. Daher ist es wichtig, in solchen Fällen rechtzeitig vorausschauend abweichende Regelungen wie z. B. Teilzeit nach der Elternzeit zu vereinbaren.

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Seit mittlerweile mehr als 20 Jahren beschäftige ich mich mit dem Arbeitsrecht von A wie Abmahnung über K wie Kündigung bis Z wie Zeugnis. Gesetzgeber und Rechtsprechung sorgen dafür, dass […]

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