URTEIL

Einwurf-Einschreiben reicht nicht als Zugangs-Nachweis

Damit eine Kündigung wirksam wird, muss sie dem Betroffenen zugegangen sein. Ein Einwurf-Einschreiben der Deutschen Post in Kombination mit einem Einlieferungsbeleg sowie einem Sendungsstatus genügt jedenfalls nicht als Beweis dafür, dass die Kündigung bei dem jeweiligen Empfänger angekommen ist. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden (30.1.2025, Az. 2 AZR 68/24).

Maria Markatou

28.04.2025 · 3 Min Lesezeit

Ob eine Kündigung zugegangen ist oder nicht, führt immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen dem Dienstherrn und gekündigten Arbeitnehmern.

Der Fall: Der Arbeitgeber des Rechtsstreits behauptete, gegenüber der Arbeitnehmerin mit Schreiben vom 14.3.2022 eine außerordentliche, fristlose Kündigung ausgesprochen zu haben. Hilfsweise habe er ordentlich zum 30.9.2022 gekündigt. Die Arbeitnehmerin bestritt jedoch den Zugang dieses Kündigungsschreibens. Der Arbeitgeber hielt dem entgegen, dass zwei seiner Mitarbeiterinnen das Kündigungsschreiben gemeinsam in einen Briefumschlag gesteckt hätten. Danach hätten sie es gemeinsam zur Post gebracht und dort am 26.7.2022 um 15.35 Uhr als Einwurf-Einschreiben mit Sendungsnummer versehen persönlich aufgegeben. Nach dem Sendungsstatus sei das Schreiben mit der entsprechenden Sendungsnummer der Klägerin am 28.7.2022 zugestellt worden. Der Arbeitgeber stellte sich auf den Standpunkt, dass deshalb ein Anscheinsbeweis bestehe, der durch das pauschale Bestreiten der Arbeitnehmerin nicht erschüttert werde.

Arbeitnehmerin legt Klage ein

Die Arbeitnehmerin sah das anders, legte Klage ein und beantragte, gerichtlich festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung des Arbeitgebers vom 26.7.2022 beendet worden ist.

Einlieferungsbeweis allein reichte nicht

Das Urteil: Das BAG entschied, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 26.7.2022 außerordentlich fristlos oder hilfsweise ordentlich beendet worden war. Denn der Arbeitgeber konnte den Zugang der Kündigung nicht beweisen.

Dass es an dem erforderlichen Nachweis fehlte, begründeten die Richter mit der ständigen Rechtsprechung des BAG. Danach setze der Zugang der Kündigung voraus, dass eine Kündigung in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt sei. Dazu gehört grundsätzlich auch der Briefkasten des Empfängers. Zudem müsse für den Empfänger unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit bestehen, von der Kündigung Kenntnis zu nehmen. Die Beweislast für den Zugang trage auch nach ständiger Rechtsprechung der Arbeitgeber.

Der Arbeitgeber hatte hier für den von ihm behaupteten Einwurf des Kündigungsschreibens in den Hausbriefkasten am 28.7.2022 keinen Beweis angeboten. Vor allem fehlte es an einem Zeugenbeweis der Person, die das Schreiben eingeworfen haben soll.

Anscheinsbeweis liegt nicht vor

Auch ein Anscheinsbeweis lag nach Meinung der Richter nicht vor. Der Anscheinsbeweis erleichtert demjenigen, der etwas beweisen möchte, den Nachweis bestimmter Tatbestandsvoraussetzungen. Es handelt sich um eine Vermutung, die auf allgemeiner Lebenserfahrung beruht. Der von dem Arbeitgeber vorgelegte Einlieferungsbeleg eines Einwurf-Einschreibens, aus dem neben dem Datum und der Uhrzeit der Einlieferung die jeweilige Postfiliale und die Sendungsnummer ersichtlich waren, sowie der im Internet abgefragte Sendungsstatus mit dem Hinweis, dass die Sendung zugestellt wurde, reichten dem BAG nicht für einen Beweis des ersten Anscheins für die Zustellung.

Die Richter stellten klar, dass die Vorlage des Einlieferungsbelegs eines Einwurf-Einschreibens und die Darstellung seines Sendungsverlaufs ohne Vorlage einer Reproduktion des Auslieferungsbelegs keinen Anscheinsbeweis für den Zugang beim Empfänger begründe. Schließlich fehlten dabei Angaben zum Überbringer der Kündigung sowie über weitere Einzelheiten der Zustellung. Das Gericht vertrat zudem die Ansicht, dass der Einlieferungsbeleg, also der Nachweis der Übergabe des Kündigungsschutzschreibens an die Deutsche Post AG, nichts über die tatsächlich erfolgte Zustellung aussagt.

Fazit: Ohne Zustellung keine Kündigung

Der Zugang eines Kündigungsschreibens, wie auch jedes anderen wichtigen Schriftstücks, bleibt also ein Problem. Das gilt natürlich auch für Schriftstücke, die Sie als Personalrat zustellen müssen.

Das sind die sicheren Möglichkeiten zur Zustellung eines wichtigen Schriftstücks

• Persönliche Übergabe gegen Empfangsbestätigung

Vorteile: Zugang ist sofort nachweisbar (Datum, Uhrzeit, Unterschrift); kein Risiko von Zustellverzögerungen oder -verlusten; kostengünstig

Nachteile: Empfänger kann die Annahme oder die Unterschrift verweigern; erfordert persönliche Anwesenheit

• Zustellung durch Boten

Vorteile: Bote kann bezeugen, dass das Schreiben tatsächlich mit bestimmtem Inhalt übergeben oder eingeworfen wurde; sicherer Zugangsnachweis

Nachteile: etwas aufwendiger in der Organisation; Bote muss im Streitfall als Zeuge zur Verfügung stehen; mögliche Unzuverlässigkeit des Boten

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Ich habe Rechtswissenschaften in München studiert und bin seit 2004 als Rechtsanwältin zugelassen. Von 2004 bis 2017 war ich Partnerin der Kanzlei Löffler & Partner in München. Seit 2017 bin […]

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