EINLEITUNG

Einfach mal Zeit haben als „Familienmensch“

Elternzeit, Pflegezeit und dann auch noch die Familienpflegezeit: Das sind alles arbeitsrechtliche Modelle, die ganz unterschiedlichen Regeln unterworfen sind und doch eine große Gemeinsamkeit haben: Sie sollen dazu dienen, dass Sie und Ihre Kolleg*innen, falls notwendig oder gewünscht, mehr Zeit für die ~Familie haben.

Michael Tillmann

06.06.2025 · 2 Min Lesezeit

Mensch sein ohne Druck

Im Grunde geht es darum, die Chance zu haben, mehr Mensch zu sein – Familienmensch vor allem. Wie wir wahrscheinlich alle wissen, ist das Menschsein oft schwierig, wenn man unter Stress steht. Man ist dann häufig buchstäblich nicht mehr man selbst, jedenfalls nicht mehr der Mensch, der man eigentlich ist oder sein könnte und möchte. Und natürlich können das Gefühl und die Befürchtung, beruflich abgehängt zu werden, Stress verursachen.

Daher ist es wichtig, nicht nur die Zeit für die Familie zu haben, sondern auch die Gewissheit und das Vertrauen, dies nicht mit beruflichen Nachteilen bezahlen zu müssen.

So manche*r Mitarbeiter*in der mittleren Generation wird sich aber zeitweise fast zerdrückt fühlen zwischen den Anforderungen, die die vorherige und die nächste Generation an ihn stellen. Das gilt umso mehr, wenn die Sorge um den Arbeitsplatz noch zusätzlichen Stress verursacht. Betroffen sind bei alledem leider immer noch vor allem Mitarbeiterinnen.

Ihr*e Dienstgeber*in sollte Elternzeit und Pflegezeit mit Leben füllen

Machen wir uns nichts vor: Allein der Gesetzgeber wird es nicht richten können. Es gehört schon auch eine grundsätzlich positive Einstellung des*der Dienstgebenden zu Erziehung und Pflege dazu. Andernfalls ist das Risiko nicht zu unterschätzen, durch eine – wie auch immer geartete – Auszeit einen Karriereknick zu erleiden.

Aber der Gesetzgeber kann durch sein Handeln Signale setzen. Dies immerhin hat er mit der Elternzeit und der Pflegezeit getan. Und einem*einer möglicherweise böswilligen oder gleichgültigen Dienstgebenden wird es nicht allzu leicht gemacht, berechtigte Interessen von Mitarbeitenden zu übergehen.

Elternzeit und die verschiedenen Arten der Pflegezeit folgen jeweils unterschiedlichen rechtstechnischen Ansätzen:

Elternzeit versus Pflegezeit 

Modell Elternzeit
Die Elternzeit ist grundsätzlich eine vollständige Auszeit, die teilweise vom Staat bezahlt wird und die die Möglichkeit der Teilzeitarbeit bietet.

Modell Pflegezeit
Die Pflegezeit hingegen ist eine vollständige oder teilweise Auszeit, die zumindest indirekt bezahlt wird.

Auf Elternzeit und Pflegezeit besteht bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen ein Anspruch. Das gilt jedoch nicht für die Familienpflegezeit, die eigenen Regeln folgt.

Eine Auszeit mit Rückfahrschein

Die Elternzeit ist sozusagen eine Auszeit mit Rückfahrschein.

Das Entscheidende dabei ist der Rückfahrschein. Denn aus einem Dienstverhältnis herauszukommen ist nicht wirklich ein Problem. Man könnte selbst kündigen oder um einen Auflösungsvertrag bitten. Aber nach der Auszeit wieder ins Arbeitsleben zurückzukehren kann problematisch sein.

Auch Pflege- und Familienpflegezeit haben einen Rückfahrschein.

Grundmodell: Das Arbeitsverhältnis ruht, bleibt aber bestehen

Die Antwort des Gesetzgebers auf das Spannungsverhältnis zwischen Absprung und Rückkehr besteht also darin, dass er dem*der Mitarbeitenden das Recht einräumt, mit der Arbeit für eine gewisse Zeit aufzuhören, ohne den*die Arbeitgeber*in um Erlaubnis zu fragen. Dazu gehört dann auch das Recht zur Rückkehr, die ebenfalls ohne die Erlaubnis des*der Arbeitgebenden erfolgen kann.

Rechtlich hat der Gesetzgeber die Angelegenheit nicht mit einem Wiedereinstellungsanspruch gelöst – was grundsätzlich auch möglich gewesen wäre. Stattdessen hat er auf das Modell des „Ruhens“ zurückgegriffen.

Das bedeutet, dass der*die Mitarbeitende zwar nicht arbeiten muss, aber das Arbeitsverhältnis an sich fortbesteht. Das hat z. B. zur Folge, dass die vertraglichen Nebenpflichten wie etwa das Konkurrenzverbot weiterhin gelten. Nur die Hauptleistungspflichten, also die Pflicht zur Arbeit einerseits und die Pflicht zur Lohnzahlung andererseits, sind suspendiert, das heißt: vorübergehend ausgesetzt.

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Seit mittlerweile mehr als 20 Jahren beschäftige ich mich mit dem Arbeitsrecht von A wie Abmahnung über K wie Kündigung bis Z wie Zeugnis. Gesetzgeber und Rechtsprechung sorgen dafür, dass […]