Hintergrund: Neubewertung des „Annahmeverzugs“
Ein immer schon praktisch sehr bedeutsamer Aspekt bei Streitigkeiten über Kündigungen war und ist der sogenannte Annahmeverzugslohn. Das ist der Lohn, den der*die Arbeitgebende nachzahlen muss, wenn er*sie den Kündigungsschutzprozess schließlich verliert. Der*Die Mitarbeitende muss sich dann aber anrechnen lassen, was er*sie anderweitig verdient hat – oder „böswillig“ eben nicht verdient hat.
Diesen etwas merkwürdig klingenden gesetzlichen Begriff der „Böswilligkeit“ hat die Rechtsprechung seit einigen Jahren etwas strenger zuungunsten der Arbeitnehmenden interpretiert. Die Gerichte gingen in aller Regel davon aus, dass betroffene Arbeitnehmende in der Pflicht sind, sich auch schon während einer Freistellung schnell einen neuen Job zu suchen.
BAG aktuell: Böswilligkeit ist regelmäßig nicht gegeben
Deswegen haben manche Arbeitgebende eine zwar fristgemäße Kündigung ausgesprochen, den oder die Arbeitnehmer*in jedoch freigestellt. Der*Die Mitarbeitende sollte dann sofort einen neuen Job suchen. Tat er*sie das nicht, berief sich der*die Arbeitgebende auf „böswilliges Unterlassen“. So konnte aus einer fristgemäßen faktisch eine fristlose Kündigung werden.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat jedoch in einer aktuellen Entscheidung (12.2.2025, Az. 5 AZR 127/24) für eine Anrechnung böswillig unterlassenen Verdienstes während einer Freistellung für die Dauer der Kündigungsfrist allerlei Hürden aufgestellt. Eine solche Anrechnung wird somit nur noch selten gelingen, eine fristlose Kündigung auf diesem „Umweg“ damit kaum noch möglich sein.