WICHTIGES URTEIL

Ein Formfehler schadet

Formalkram kann mitunter lästig, aber auch sehr bedeutsam sein. Nicht selten muss vor Gericht über inhaltliche Dinge gar nicht erst diskutiert werden, weil bestimmte Ansprüche schon an Formfehlern scheitern. Oder weil umgekehrt ein Formfehler die Einwände der Gegenseite zunichtemacht.

Michael Tillmann

06.06.2025 · 1 Min Lesezeit

Der Fall: Eine Mitarbeiterin war als Rechtsanwaltsfachangestellte in einem Anwaltsbüro beschäftigt. Nach der Geburt ihrer Tochter wollte sie Elternzeit nehmen. Sie schickte daher ihrem Arbeitgeber am 10.6.2013 ein Fax, in dem sie mitteilte, dass sie für 2 Jahre Elternzeit in Anspruch nehme.

Ein paar Monate später kündigte der Anwalt das Arbeitsverhältnis, und zwar mit Schreiben vom 15.11.2013. Hiergegen erhob die Mitarbeiterin Kündigungsschutzklage und berief sich auf den Sonderkündigungsschutz während der Elternzeit gemäß § 18 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz.

Die Entscheidung: Das Bundesarbeitsgericht (BAG, 10.5.2016, Az. 9 AZR 145/15) erklärte die Kündigung für wirksam, nachdem sowohl das Landesarbeitsgericht als auch das Arbeitsgericht sie zuvor für unwirksam gehalten hatten.

Das BAG befand, dass der Sonderkündigungsschutz während der Elternzeit nicht greife, und zwar aus rein formalen Gründen. Die Voraussetzung einer schriftlichen Inanspruchnahme der Elternzeit sei nämlich nicht erfüllt. Es gelte die strenge Schriftform gemäß § 126 Bürgerliches Gesetzbuch, für die ein Fax nicht ausreichend sei. Die Mitarbeiterin hätte den Antrag auf Elternzeit im Original mit vollständiger Unterschrift beim Arbeitgeber abgeben oder diesem per Post schicken müssen.

Fazit: Bei Formfehlern gibt es auch für Mitarbeitende kein Pardon

Das BAG folgt konsequent der einschlägigen Gesetzeslage. Diese hat sich allerdings inzwischen etwas geändert: Für seit dem 1.5.2025 geborene Kinder ist nicht mehr die strenge Schriftform, sondern nur noch die großzügigere sogenannte Textform erforderlich. Danach reicht nun insbesondere auch ein Antrag per E-Mail aus. Ein mündlicher Antrag aber wäre nach wie vor unwirksam. Ihre Kolleg*innen sollten außerdem unbedingt darauf achten, einen Zugangsnachweis für den Antrag – sei dieser nun in Briefform oder per E-Mail eingereicht – zu bekommen.

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Seit mittlerweile mehr als 20 Jahren beschäftige ich mich mit dem Arbeitsrecht von A wie Abmahnung über K wie Kündigung bis Z wie Zeugnis. Gesetzgeber und Rechtsprechung sorgen dafür, dass […]

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