RECHTSPRECHUNG FÜR DEN BETRIEBSRAT

Darf der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine niedriger bewertete Tätigkeit zuweisen?

Arbeitgeber dürfen Arbeitnehmern kündigen, die sich beharrlich weigern, ihre vereinbarten Leistungen zu erbringen. Aber wann liegt eine solche Leistungsverweigerung vor? Wie sieht es aus, wenn ein Beschäftigter nur bestimmte Aufgaben verweigert, z. B. weil für die jeweiligen Arbeiten eine geringere Qualifikation erforderlich ist. Darf Ihr Arbeitgeber Ihren Kolleginnen und Kollegen Arbeiten zuweisen, die unter deren jeweiliger tariflicher Eingruppierung liegen? Welche Folgen hat es, wenn ein Beschäftigter solche Arbeiten verweigert? Antworten auf diese Fragen liefert die folgende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (17.4.2024, Az. 12 Sa 747/23).

Friederike Becker-Lerchner

02.06.2025 · 3 Min Lesezeit

Arbeitnehmer möchte bessere Bezahlung durchsetzen

Der Arbeitnehmer, ein Maschinenbediener, war jahrelang für 3 Maschinen zuständig. Im Jahr 2020 kam eine vierte, einfacher zu bedienende Maschine hinzu. Auch diese bediente der Arbeitnehmer zunächst ohne Einwände. Im Januar 2023 erhielt der Beschäftigte jedoch eine Leistungsbeurteilung, mit der er nicht einverstanden war. Er verlangte eine bessere Beurteilung. Zudem verlangte er eine bessere Bezahlung und kündigte an, dass er die Maschine andernfalls nicht mehr bedienen werde. Er war der Ansicht, dass er die Arbeit an der Maschine verweigern durfte, weil diese unter seinem Qualifikationsniveau liege.

Arbeitgeber verweigert bessere Beurteilung

Sein Arbeitgeber weigerte sich allerdings, dem Beschäftigten eine bessere Beurteilung auszustellen. Er wies ihn darauf hin, dass er die Arbeit an der fraglichen Maschine nicht einfach niederlegen dürfe. Das sei sonst als Arbeitsverweigerung auszulegen. Daraufhin soll der Arbeitnehmer geantwortet haben, dass ihm das egal sei. Werde seine Beurteilung nicht innerhalb von 14 Tagen verbessert, werde er an der Maschine nicht mehr arbeiten.

Arbeitnehmer verweigert die Arbeit an Maschine

Nach Ablauf der 14 Tage setzte der Arbeitnehmer seine Ankündigung um. Er beschränkte seine Arbeit auf die Bedienung der herkömmlichen 3 Maschinen. Sein Arbeitgeber forderte ihn daraufhin auf, die vierte Maschine zu bestücken und laufen zu lassen. Der Arbeitnehmer weigerte sich allerdings, dies zu tun, woraufhin ihm der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung androhte. Er gab ihm eine Stunde Zeit, die Maschine in Betrieb zu nehmen.

Die Zwischenzeit nutzte der Arbeitgeber, um den Betriebsrat einzubinden. Er bat den Betriebsrat, dem Arbeitnehmer den Ernst der Lage klarzumachen und ihn zu bitten, die Arbeit an der Maschine aufzunehmen. Allerdings änderte das nichts. Der Arbeitnehmer blieb auch gegenüber dem Betriebsrat stur. Nachdem ein weiteres Gespräch zwischen dem Arbeitgeber und dem Beschäftigten trotz einer erneuten Androhung einer Kündigung zu keinem Umdenken geführt hatte, schickte der Arbeitgeber den Beschäftigten nach Hause. An den folgenden 3 Arbeitstagen erschien der Arbeitnehmer im Betrieb, um ausschließlich an den 3 alten Maschinen zu arbeiten. Dabei wurde er immer wieder vom Arbeitgeber nach Hause geschickt.

Arbeitgeber kündigt fristlos

Der Arbeitgeber nutzte die Zwischenzeit, um den Betriebsrat zu einer Kündigung anzuhören (§ 102 BetrVG). Am vierten Tag kündigte der Arbeitgeber dann das Arbeitsverhältnis mit dem Beschäftigten fristlos, hilfsweise fristgerecht. Für die Folgezeit sowie die 3 Arbeitstage, an denen der Arbeitnehmer nach Hause geschickt worden war, zahlte der Arbeitgeber dem Beschäftigten kein Gehalt.

Der Arbeitnehmer fühlte sich ungerecht behandelt. Er wehrte sich mit einer Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung und forderte das noch ausstehende Gehalt ein.

Kein Anspruch auf „nur“ qualitativ anspruchsvolle Aufgaben

Das Gericht hielt die Kündigung für gerechtfertigt. Zwar nicht die außerordentliche, aber die ordentliche. Das begründeten die Richter u. a. damit, dass der Arbeitnehmer als Maschinenbediener eingestellt worden war. Der Arbeitgeber habe ihm deshalb die Bedienung der vierten Maschine zuweisen können.

Die Tatsache, dass er sich der Bedienung verweigert habe, sei als beharrliche Arbeitsverweigerung zu bewerten. Diese könne eine Kündigung rechtfertigen; zumal der Arbeitgeber hier dem Arbeitnehmer die fristlose Kündigung vorher konkret angedroht habe. Er habe ihn dadurch also vergeblich abgemahnt.

Fazit: Wer die Leistung verweigert, riskiert eine Kündigung

Eine beharrliche Arbeitsverweigerung stellt einen Kündigungsgrund dar. Und zwar auch, wenn die Weigerung nur einen Teil der vertragsgemäßen Arbeiten betrifft. Hier hat der Betriebsrat genau richtig gehandelt. Er hatte einerseits versucht, den Beschäftigten von der Arbeit an der vierten Maschine zu überzeugen. Zudem hatte er trotz schwieriger Ausgangssituation Bedenken gegen die Kündigung geäußert und versucht, die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers durchzusetzen.

Bedenken Sie unabhängig von diesen speziellen Ausführungen: Ihre Kolleginnen und Kollegen können die Arbeit verweigern, wenn die entsprechende Weisung gegen ihren Arbeitsvertrag oder ein Gesetz verstößt. Gleiches gilt übrigens, wenn Ihr Arbeitgeber sich mit den Lohnzahlungen mehrere Monate im Rückstand befindet.

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