Über die Vergütung freigestellter Betriebs- oder Personalräte gibt es immer wieder Streit. Nach dem Gesetz haben die Mitglieder der Gremien Anspruch auf die gleiche Lohnentwicklung wie vergleichbare Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ihr Arbeitsentgelt soll also in dem Umfang, in dem das Arbeitsentgelt vergleichbarer Kolleginnen und Kollegen steigt, ebenfalls angehoben werden. Allerdings ist das jeweilige Gremiumsmitglied für das Vorliegen der Voraussetzungen dieses Anspruchs darlegungs- und beweispflichtig.
Kommt es jedoch dazu, dass der Arbeitgeber eine mitgeteilte und gewährte Gehaltserhöhung korrigiert, hat der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen, dass die zuvor zugesicherte Vergütung falsch war.
Der Fall: Der Arbeitnehmer war seit 1984 als Anlagenführer bei einem großen Automobilhersteller beschäftigt. Zudem war er seit 2002 freigestelltes Betriebsratsmitglied. Anfang des Jahres 2003 teilte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit, dass er sein Gehalt entsprechend dem Gehalt der mit ihm vergleichbaren Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung nach § 37 Abs. 4 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) erhöhen werde. Grundlage für die Gehaltserhöhung war der anwendbare Tarifvertrag.
In den folgenden Jahren erhielt der Arbeitnehmer ähnlich lautende Anpassungsmitteilungen von seinem Arbeitgeber über die jeweils nächsthöhere Entgeltstufe. Ab dem 1.1.2025 bezog er eine Vergütung nach ES 20. Zudem war ihm im Oktober 2015 eine freie Stelle als Fertigungskoordinator angeboten worden. Intern galt er dafür als Idealbesetzung. Dennoch bewarb sich der Arbeitnehmer nicht. Als Grund gab er seine Betriebsratstätigkeit an.
In der Folgezeit überprüfte der Arbeitgeber die Vergütung des Arbeitnehmers. Das brachte ihn zu der Erkenntnis, dass die Vergütungsstufe ES 18, also eine niedrigere Vergütung als die zunächst festgelegte ES 20, die richtige Vergütungsstufe für den Arbeitnehmer und freigestellten Betriebsrat war. Der Arbeitgeber forderte daraufhin für die Zeit von Oktober 2022 bis Januar 2023 die über die ES 18 hinaus gezahlte Vergütung zurück. Im Februar 2023 erhielt der Arbeitnehmer dann sein Entgelt entsprechend der Vergütungsstufe ES 17, also noch einmal niedriger. Seit März 2023 wurde er entsprechend ES 18 vergütet.
Betriebsrat verlangt Rückstufung in höhere Vergütungsstufe
Der Arbeitnehmer forderte daraufhin ein Gehalt entsprechend der Vergütungsstufe ES 20. Als der Arbeitgeber ihm das höhere Gehalt nicht zahlte, zog der Arbeitnehmer vor Gericht. Dort verlangte er die Vergütungsdifferenzen, den zurückgezahlten Betrag sowie die Feststellung, dass das Beschäftigungsverhältnis ab dem 1.1.2025 nach den jeweils geltenden tarifvertraglichen und betrieblichen Regelungen für Beschäftigte in der ES 20 durchzuführen sei. Das begründete der Arbeitnehmer mit den entsprechenden Anpassungsmitteilungen seines Arbeitgebers. Zudem stützte er sich darauf, dass eine Vergütung nach ES 20 seiner hypothetischen Karriere zu einer Tätigkeit als Fertigungskoordinator entspreche.
Vorinstanz gab Arbeitnehmer recht
Das Landesarbeitsgericht (LAG) gab den Zahlungsanträgen überwiegend statt. Zudem stellte es den Anspruch auf die höhere Vergütung nach ES 20 ab dem 1.1.2026 fest. Allerdings ging der Arbeitgeber daraufhin mit einer Revision vor dem BAG gegen die LAG-Entscheidung vor.
Arbeitgeber müsste Fehler bei Vergütung beweisen
Das Urteil: Ob die Zahlungsansprüche des freigestellten Betriebsrats begründet sind, konnte das BAG nicht abschließend beurteilen. Das ist jetzt Aufgabe des LAG, an das die Entscheidung zurückverwiesen wurde. Das BAG stellte allerdings einige für Sie interessante Grundsätze auf.
Das LAG hatte bei dem hauptsächlich zur Entscheidung gestellten Anpassungsanspruch der Vergütung nach § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG die Darlegungs- und Beweislast beim Arbeitnehmer gesehen. Dies sah das BAG anders. Es ordnet die Darlegungs- und Beweislast dem Arbeitgeber zu. Die Richter stellten klar, dass das LAG erst mit einem entsprechenden Nachweis über die Zahlungsanträge hinsichtlich des Verbots einer Benachteiligung bei der beruflichen Entwicklung des Arbeitnehmers befinden könne. Deshalb muss es das noch aufklären und kann erst dann entscheiden.
Die Richter entschieden zudem, dass sich aus § 78 Satz 2 BetrVG in Verbindung mit § 611a Abs. 2 BGB ein unmittelbarer Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf eine bestimmte Vergütung ergeben könne, wenn die Zahlung einer geringeren Vergütung eine Benachteiligung des Betriebsrats wegen seiner Betriebsratstätigkeit sei. Allerdings bilde er einen eigenen Anspruch und sei im Zweifel in einem eigenen Prozess geltend zu machen.