Betriebsrat übermittelt WhatsApp-Nachrichten einer Beschäftigten an Personalabteilung
Der Arbeitnehmer, ein Verkaufsleiter, stritt mit seinem Betriebsratsvorsitzenden über das Weiterleiten von Teilen eines Chatverlaufs. Hintergrund der Auseinandersetzung war, dass der Verkaufsleiter in der Zeit von September 2022 bis Juli 2023 eine von ihm als „On/Off-Beziehung“ bezeichnete Verbindung zu einer Arbeitnehmerin des Unternehmens führte. Er war während dieser Zeit der Vorgesetzte der Beschäftigten. Der Arbeitnehmer und die Arbeitnehmerin stritten während der Zeit und führten die Auseinandersetzungen teilweise per WhatsApp.
Als die Arbeitnehmerin sich über ihren Vorgesetzten beim Betriebsrat beschwerte, übermittelte sie dem Betriebsrat Auszüge aus dem Chatverlauf mit ihrer ehemaligen Affäre. Der Betriebsrat gab die entsprechenden Auszüge an die Personalabteilung weiter. Er wollte so dafür sorgen, dass der Arbeitgeber Abhilfe schafft.
Arbeitnehmer fordert Schadenersatz vom Betriebsrat
Als der Verkaufsleiter von diesem Vorgehen erfuhr, machte er einen Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von 5.000 € gegen den Betriebsrat geltend. Er war der Ansicht, der Betriebsrat hätte den Chatverlauf nicht an die Personalabteilung weiterleiten dürfen. Zudem stellte sich der Arbeitnehmer in diesem Zusammenhang auf den Standpunkt, dass er sich von der Arbeitnehmerin gütlich getrennt habe. Er wies außerdem darauf hin, dass das Strafverfahren eingestellt worden sei.
Darüber hinaus vertrat er die Ansicht, dass die Tatsache, dass der Betriebsratsvorsitzende den intimen Chatverlauf weitergeleitet und zudem eine Strafanzeige ohne Rücksprache mit dem Betriebsratsgremium vorgenommen habe, zu seiner Freistellung und dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags geführt habe. Da der Betriebsratsvorsitzende nicht in seiner Eigenschaft als Betriebsrat gehandelt habe, könne er sich nicht auf § 79a BetrVG (Anmerkung der Redaktion: Verpflichtung des Betriebsrats zur Einhaltung des Datenschutzes) berufen. Es habe auch kein datenschutzrechtlicher Erlaubnistatbestand nach Art. 6 DSGVO für die Weitergabe bestanden.
Nachdem der Betriebsratsvorsitzende sich weigerte, Schadenersatz zu leisten, zog der Arbeitnehmer vor Gericht – allerdings ohne Erfolg.
Gericht hält Schadenersatzanspruch für nicht gegeben
Das Gericht sieht die Anspruchsgrundlage des Art. 82 DSGVO für nicht gegeben. Das begründete das Gericht damit, dass nach dieser Norm der DSGVO jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter hat. Die Datenweitergabe sei hier jedoch vor dem Hintergrund einer Prüfung der konkreten Beschwerde nach §§ 84, 85 BetrVG rechtmäßig gewesen. Denn ziehe eine Arbeitnehmerin bzw. ein Arbeitnehmer einen Betriebsrat hinzu und beschwert sich nach §§ 84, 85 BetrVG, weil sie bzw. er sich ungerecht behandelt oder benachteiligt fühlt, hat sich der Betriebsrat beim Arbeitgeber dafür einzusetzen, dass dieser Abhilfe schafft. Sind dazu entsprechende Informationen nötig, damit der Arbeitgeber die Notwendigkeit erkennt, darf der Betriebsrat diese in einer vergleichbaren Situation ausnahmsweise weiterleiten.
Insoweit stellte das Gericht noch klar, dass der Arbeitnehmer nicht ausreichend dargelegt hatte, dass der Betriebsrat die Informationen nicht in seiner Funktion als Betriebsrat weitergeleitet hatte. Mangels einer entsprechenden Darstellung ging das Gericht deshalb davon aus, dass der Betriebsratsvorsitzende in seiner Funktion agiert hatte.
Persönlichkeitsrecht nicht verletzt
Auch einen Schadenersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG lehnte das Gericht ab. Der Arbeitnehmer habe nicht ausreichend dargelegt, dass er durch das Weiterleiten des Chatverlaufs in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt worden sei.
Insoweit stellte das Gericht klar, dass hier besonders zu berücksichtigen sei, dass der Arbeitnehmer der Vorgesetzte der Arbeitnehmerin gewesen sei. Im Hinblick auf die private Beziehung bestehe in solchen Fällen stets das Risiko des Machtmissbrauchs. Der Chatverlauf habe ein erhebliches und mehrfach zurückgewiesenes Drängen des Arbeitsnehmers auf ein persönliches Treffen mit der Arbeitnehmerin gezeigt und damit eine Situation, die zumindest potenziell aufgrund der beruflichen Verbindung des Arbeitnehmers mit der Arbeitnehmerin die Gefahr einer Belästigung der Beschäftigten mit sich brachte (§ 7 i. V. m. § 3 AGG).