PRAXISWISSEN

BEM ist auch bei psychischen Erkrankungen durchzuführen

Bevor Ihr Arbeitgeber aber das Vorliegen der Voraussetzungen einer personenbedingten Kündigung prüft, muss er zur Vermeidung von Entlassungen ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) vornehmen (§ 167 Abs. 2 SGB IX). Das gilt auch nach einer psychischen Erkrankung!

Friederike Becker-Lerchner

28.04.2025 · 2 Min Lesezeit

Ziele eines BEM

Ziel eines BEM ist es, die Arbeitsunfähigkeit von Beschäftigten eines Betriebs möglichst zu überwinden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz des Beschäftigten im Einzelfall zu erhalten.

Unterstützungsmöglichkeiten sollen geklärt werden

Das System ist eingerichtet worden, damit Ihr Arbeitgeber umgehend klärt, wie sich eine Arbeitsunfähigkeit überwinden lässt und wie Fehlzeiten verringert werden können. Zudem soll dadurch geklärt werden, mit welchen Hilfen und Leistungen einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt werden kann und wie die Fähigkeiten des Arbeitnehmers genutzt werden können.

Werden Sie als Betriebsrat aktiv

Als Betriebsrat können Sie die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements verlangen (§ 167 SGB IX). Sie haben ein Initiativrecht. Denn es ist Ihre Aufgabe, darüber zu wachen, dass Ihr Arbeitgeber seine Verpflichtungen erfüllt.

Das heißt: Kommt Ihr Arbeitgeber Ihren Forderungen nicht nach, können Sie dies über das Arbeitsgericht erzwingen. Das sollten Sie gerade auch im Hinblick auf psychische Erkrankungen immer tun. Schließlich ist Ihr Arbeitgeber gerade auch bei psychischen Erkrankungen verpflichtet, dafür zu sorgen, dass eine erneute Arbeitsunfähigkeit vermieden wird. Das ist bei psychischen Erkrankungen in der Praxis schwieriger als bei physischen.

Denken Sie auch an Ihre anderen Mitbestimmungsrechte

Außerdem können Sie bei Ihren Verhandlungen auf die Tatbestände des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) zurückgreifen, wenn diese passen; z. B. wenn es um die betriebliche Ordnung geht. Auch das Mitbestimmungsrecht beim Gesundheitsschutz (§ 87 Abs. 1 Nr.7 BetrVG) kommt häufig zum Tragen.

Mein Tipp: Sichern Sie Ihre Ansprüche in einer Betriebsvereinbarung

Ohne Ihre Beteiligung darf Ihr Arbeitgeber kein betriebliches Eingliederungsmanagement einführen. Er muss Sie auf jeden Fall beteiligen. Am besten sichern Sie Ihren Anspruch von vornherein in einer Betriebsvereinbarung ab.

Berücksichtigen Sie diese Regelungspunkte

Regeln Sie darin z. B. auch Maßnahmen, die die Wiedereingliederung eines Kollegen unterstützen. In Betracht kommen medizinische Leistungen wie

  • Rehabilitationsmaßnahmen,
  • die Anwendung einer anderen Heilbehandlung,
  • psychotherapeutische Behandlungen.

Denken Sie insoweit außerdem an Maßnahmen zur Verbesserung des Arbeitsplatzes: Einrichtung des Büros mit ergonomischen Möbeln und die Veränderung der Arbeitsweise, z. B. mit dem Ziel, etwaige Bewegungsabläufe zu erleichtern.

Gibt es sinnvolle Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsorganisation?

Auch Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsorganisation sollten bedacht werden: Verringerung der Arbeitszeit, Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz mit geringen Anforderungen, Umsetzung auf einen Arbeitsplatz ohne Schicht- und Nachtdienst sowie Qualifizierung für einen anderen Arbeitsplatz.

Mein Tipp: BEM durchgeführt?

Prüfen Sie im Rahmen Ihrer Anhörung zu einer personenbedingten Kündigung immer zunächst, ob ein BEM durchgeführt wurde. Sollte das nicht der Fall sein, widersprechen Sie der Kündigung.

Wie hat Ihnen dieser Artikel gefallen?

0
0

391
0
229
Ich publiziere seit über 20 Jahren im Bereich Arbeitsrecht. Seit 2005 unterstütze ich Betriebsräte in ganz Deutschland Monat für Monat bei ihren fachlichen Herausforderungen. Darüber hinaus bin ich als Rechtsanwältin, […]

Ausgaben

Ausgaben

Betriebsrat aktuell

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Mehr interessante Beiträge