Betriebsrat beim Schnupfen eines weißen Pulvers beobachtet
Ein freigestellter Betriebsrat, der seit dem Jahr 2022 bei seiner Arbeitgeberin, einem Logistikunternehmen, beschäftigt ist, wurde dabei beobachtet, wie er an seinem Schreibtisch ein weißes Pulver mit einer Karte zu einer Linie formte und mit einem Röhrchen durch die Nase konsumierte. Als ihn die Arbeitgeberin auf sein Verhalten ansprach, behauptete er, dass es sich um Schnupftabak gemischt mit Traubenzucker gehandelt habe.
Die Arbeitgeberin forderte den Betriebsrat daraufhin auf, sich einem von ihr bezahlten Drogentest mittels Haarprobe zu unterziehen. Diesem Verlangen kam der Arbeitnehmer jedoch nicht nach.
Thema „Sucht“ ist in Betriebsvereinbarung geregelt
Im Betrieb existiert eine Gesamtbetriebsvereinbarung „Sucht“, die u. a. ein Verbot des Konsums von Suchtmitteln beinhaltet. Konkret heißt es insoweit: „Innerhalb des Betriebs und an anderen Dienstorten ist jeglicher Konsum von Suchtmitteln wegen der davon ausgehenden Gefahr für Sicherheit und Gesundheit untersagt. Die Regelung gilt von Arbeitsbeginn bis Arbeitsende, einschließlich der Pausen.“
Arbeitgeberin kündigt fristlos
Die Arbeitgeberin wollte das Arbeitsverhältnis beenden. Sie holte deshalb die Zustimmung des Betriebsratsgremiums ein. Nach entsprechender Zustimmung durch den Betriebsrat kündigte sie das Beschäftigungsverhältnis außerordentlich mittels einer Verdachtskündigung. Der Betriebsrat wehrte sich mit einer Kündigungsschutzklage, allerdings ohne Erfolg.
Gericht hält Kündigung für rechtmäßig
Das Gericht entschied, dass dem Arbeitnehmer zwar keine Pflichtwidrigkeit nachgewiesen werden könne, die Kündigung jedoch als Verdachtskündigung wirksam sei. Die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung seien gegeben. Deshalb sei ausnahmsweise auch die Kündigung gegenüber einem Betriebsrat zulässig (§ 15 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)). Zwar sei unklar, ob der Betriebsrat tatsächlich Drogen konsumiert und dadurch die Pflichten aus seinem Arbeitsvertrag verletzt habe. Das sei jedoch unerheblich, da für eine fristlose Kündigung der dringende Tatverdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung ausreiche.
Voraussetzung für Verdachtskündigung liegt vor
Voraussetzung sei, dass der Verdacht auf konkrete von der Arbeitgeberin ggf. zu beweisende Tatsachen gestützt wird sowie dringend sein muss. Hier stützte sich das Gericht für die Annahme, dass es sich bei der konsumierten Substanz um Kokain handelte, vor allem auf den Umstand, dass der Arbeitgeber sich trotz einer von der Arbeitnehmerin zugesagten Kostenübernahme eines Drogentests verweigerte. Danach spräche einiges dafür, dass es sich um Kokain gehandelt habe.
Das Gericht hielt die Kündigung darüber hinaus für verhältnismäßig, da das Vertrauen in den Beschäftigten, der als Betriebsratsmitglied eine Vorbildfunktion innehat, durch den dringenden Tatverdacht zerstört wurde.