RECHTSPRECHUNG

Auskunftsrecht als Mitarbeiter – das sagt die Rechtsprechung

Beschäftigte in Deutschland haben nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) grundsätzlich ein Recht auf Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten. Das kann insbesondere bei Kündigungsschutzprozessen interessant sein und wird hier auch gerne geltend gemacht. Und wie immer gilt auch im Bereich Datenschutz: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand.

Maria Markatou

09.05.2025 · 2 Min Lesezeit

Kündigung eines Mitarbeiters wegen angeblicher Minderleistung

Der Fall 1: Ein führender Mitarbeiter in einem großen Unternehmen erhielt eine Kündigung wegen angeblicher Minderleistung. Gegen diese Kündigung erhob er Kündigungsschutzklage. In dem Kündigungsschutzprozess beanspruchte der Mitarbeiter Auskunft vom Arbeitgeber über sämtliche zu seiner Person gespeicherten Daten. Der Arbeitgeber hielt dagegen und berief sich auf den Schutz berechtigter Interessen im Zusammenhang mit „Whistleblowern“. Darunter versteht man Personen, die Informationen zur Aufdeckung von Straftaten oder sonstigen Verstößen liefern. Der Arbeitgeber meinte, es müssten hier Personen geschützt werden, die Informationen über Verstöße des Klägers geliefert hätten.

Arbeitgeber verliert vor Gericht

Das Urteil: Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg folgte der Argumentation des Arbeitgebers nicht (20.12.2018, Az. 17 Sa 11/18). Vielmehr bejahte es den Auskunftsanspruch des Mitarbeiters. Zwar könne der Schutz von Informanten bzw. „Whistleblowern“ ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse begründen. Allerdings müsse der Arbeitgeber, der sich darauf beruft, im Einzelnen darlegen, woraus sich das Geheimhaltungsinteresse ergibt. Pauschale Hinweise auf die Notwendigkeit der Anonymität für das Funktionieren eines Informantensystems reichten nicht aus.

Hinweis: HinSchG ist zu beachten

Beachten Sie, dass mittlerweile das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) gilt, das den Whistleblower vor Repressalien am Arbeitsplatz schützen soll.

Fazit: Informationsbeschaffung im gerichtlichen Verfahren ist alles

Gerade in Kündigungsschutzprozessen kann der umfassende Auskunftsanspruch ein interessanter Hebel sein, um an Informationen zu kommen, die der Kollege bzw. die Kollegin dann möglicherweise erfolgreich im Prozess gegen den Dienstherrn einsetzen kann. So ist es natürlich kein Wunder, dass sich Dienstgebende mit aller Macht dagegen wehren.

Die Reichweite des Auskunftsanspruchs

Der Fall 2: Nicht ganz so weit ging das LAG Niedersachsen (6.6.2020, Az. 9 Sa 608/19). Das Gericht schränkte die Auskunftspflicht des Arbeitgebers ein bzw. sah sie enger im Rahmen der Gesetze. Der Auskunftsanspruch gehe nicht über die in Art. 15 Abs. 1 DSGVO geregelten Pflichtangaben hinaus. Bei großen Datenmengen müsse die Person, die die Auskunft verlangt, konkretisieren, welche Dokumente sie verlange, und begründen, warum sie ihr nicht bereits vorlägen. Ein Anspruch auf Überlassung ganzer Datensätze bestehe nicht. Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs sei es, eine Überprüfung der Datenverarbeitung zu ermöglichen, aber nicht, vollständige Kopien aller Unterlagen zu erhalten. Dem Mitarbeiter sei der E-Mail-Verkehr, den er geführt habe, bekannt. Auch hier gab es keine inhaltliche höchstrichterliche Entscheidung.

Die Meinung des BGH und BAG

Die Entscheidung: Interessant ist, dass der Bundesgerichtshof (BGH) am 15.6.2021 (Az. 6 ZR 576/19) einen recht weitgehenden Auskunftsanspruch angenommen hat, also eher der Linie des LAG Baden-Württemberg als derjenigen des LAG Niedersachsen gefolgt ist. Allerdings ist der BGH für Arbeitsrechtsfragen nicht zuständig. Daher ging es in dem Verfahren vor dem BGH auch nicht um den Auskunftsanspruch gegen eine*n Arbeitgeber*in, sondern gegen eine Versicherung. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 16.12.2021 (Az. 2 AZR 235/21) für den Bereich des Arbeitsrechts immerhin festgestellt, dass ein Klageantrag auf Auskunftserteilung nicht zu unbestimmt sein dürfe. Es reiche nicht aus, einfach nur den Gesetzeswortlaut von Art. 15 DSGVO zu wiederholen.

Die Arbeitsgerichte folgen bislang überwiegend eher der zurückhaltenden Linie des LAG Niedersachsen. Lassen Sie sich davon aber nicht beeinflussen. Denn jeder Einzelfall ist anders.

Hinweis: Vorsitzender als Datenschutzbeauftragter (DSB)?

Es wäre doch toll, wenn Ihr Vorsitzender auch DSB wäre. Das geht aber nicht. Das BAG hat dies entschieden. Die Aufgaben eines Vorsitzenden und eines DSB können nicht durch dieselbe Person ohne Interessenkonflikt ausgeübt werden. Personenbezogene Daten dürfen dem Betriebs-/Personalrat nur zu Zwecken zur Verfügung gestellt werden, die das Betriebsverfassungs- bzw. Personalvertretungsgesetz ausdrücklich vorsieht (BAG, 6.6.2023, Az. 9 AZR 383/19).

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Ich habe Rechtswissenschaften in München studiert und bin seit 2004 als Rechtsanwältin zugelassen. Von 2004 bis 2017 war ich Partnerin der Kanzlei Löffler & Partner in München. Seit 2017 bin […]

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