RECHT & URTEILE

Achtung, Falle: Dieser Spruch der Einigungsstelle zur Schichtarbeit ist unwirksam!

Wenn ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG besteht, steht in den allermeisten Fällen der Abschluss einer Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber im Raum. Nicht immer aber gelingen diese Verhandlungen. Dann können beide Seiten die Einigungsstelle anrufen, die dann verbindlich entscheidet. Aber dieses Entscheidungsrecht hat Grenzen, wie sich aus einem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ergibt (9.7.2013, Az. 1 ABR 19/12).

Brigitte Ganzmann

21.10.2025 · 2 Min Lesezeit

Es wäre doch so einfach, wenn der Abschluss einer Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber immer problemlos gelingen würde. Selbst der Gesetzgeber geht aber davon aus, dass das nicht immer so ist, und hat daher für diesen Fall Vorsorge getroffen.

Wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht einigen können, muss halt jemand anders entscheiden: die Einigungsstelle. Gesetzlich ist das in § 87 Abs. 2 BetrVG verankert.

§ 87 Abs. 2 BetrVG: Mitbestimmungsrechte

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Die Einigungsstelle wird aber nicht von sich aus tätig. Es bedarf eines Antrags. Diesen können sowohl der Arbeitgeber als auch der Betriebsrat stellen. Der Antrag ist nicht fristgebunden.

Info: Wer entscheidet über die Frage der Zuständigkeit?

Die Einigungsstelle entscheidet zunächst darüber, ob sie überhaupt zuständig ist. Im Zweifel entscheidet das Arbeitsgericht im Beschlussverfahren. Können Sie sich mit dem Arbeitgeber nicht über die Einrichtung der Einigungsstelle einigen, entscheidet ebenfalls das Arbeitsgericht.

Betriebsvereinbarung sah vorweggenommene Zustimmung des Betriebsrats vor

Im genannten Fall hatte die Einigungsstelle einen Spruch zum Thema „Betriebsvereinbarung über Grundsätze der Erstellung von Dienstplänen“ gefällt. Allerdings stritten sich der Arbeitgeber und der Betriebsrat darüber, ob dieser Einigungsstellenspruch wirksam ist. In diesem war unter anderem auch die Beteiligung des Betriebsrats bei der Erstellung und Genehmigung von Dienstplänen und Schichtplänen geregelt.

Der Spruch der Schiedsstelle sah aber auch Sonderregelungen für Eilfälle vor. In solchen Fällen sollte der Arbeitgeber laut Einigungsstellenspruch auch notwendige Dienstplanänderungen ohne vorherige Einholung der Zustimmung des Betriebsrats vornehmen können. Die Regelung sah vor, dass die Zustimmung des Betriebsrats als im Voraus erteilt galt.

Betriebsrat hielt Regelung für unzulässig

Nachdem der Einigungsstellenspruch dem Betriebsrat zugestellt worden war, erhob der Betriebsrat eine Feststellungsklage beim Arbeitsgericht. Er begehrte die Feststellung, dass der Spruch der Einigungsstelle über die Gestaltung und Verbindlichkeit der Dienstpläne unwirksam ist. Der Betriebsrat hatte in allen 3 Instanzen Erfolg.

BAG bestätigt Mitbestimmungsrecht

Die BAG-Richter bestätigten zunächst, dass der Betriebsrat bei der Ausgestaltung von Schichtplänen nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BetrVG mitzubestimmen hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht.

Arbeitgeber darf den Einigungsstellenspruch nicht vorzeitig durchführen

Die Richter bestätigten weiter, dass der Arbeitgeber vor einer Entscheidung der Schiedsstelle den Schichtplan nicht durchführen darf. Das Mitbestimmungsrecht gilt auch in Eilfällen.

Einigungsstelle überschritt ihre Kompetenzen

Neben einigen anderen Fehlern stellte das Gericht fest, dass das vorgesehene Verfahren für Eilfälle unwirksam ist. Es krankte zum Beispiel daran, dass nicht konkret festgelegt wurde, nach welchen Kriterien Beschäftigte in Einfällen eingesetzt werden.

Es hätte festgelegt werden müssen, nach welchen Kriterien der Arbeitgeber sein Direktionsrecht bei der Heranziehung von Arbeitnehmern in Eilfällen ausübt.

Einigungsstelle hebelte Mitbestimmungsrecht aus

Entscheidend war aber, dass die festgelegte vorweggenommene Zustimmung des Betriebsrats in Eilfällen faktisch dazu führt, dass das gesetzliche Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats durch den Spruch der Einigungsstelle ausgehebelt wird.

Fazit: Genaues Hinschauen lohnt sich

Einigungsstellen entscheiden nicht immer fehlerfrei. Prüfen Sie sehr kritisch, ob möglicherweise Ihr Mitbestimmungsrecht verletzt wird.

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Ich bin seit über 20 Jahren im Bereich Gesundheitsförderung und Gesundheitsmanagement aktiv und seit Juni 2018 Chefredakteurin von „Arbeitsschutz & Gesundheitsmanagement für Betriebs­räte“. In meinem Hauptberuf arbeite ich als systemischer […]