Persönlichkeit des Monats - August 2025

Hind Kabawat: Renommierte Expertin für Friedensförderung

Es gibt viele Frauen, die es auf ganz unterschiedlichen Gebieten weit gebracht haben. Dazu brauchte es Durchhaltevermögen und Stärke. Frauen, die sich entgegen allen Widerständen in Politik, Kunst und Wirtschaft einen Namen gemacht haben, schaffen damit neue Tatsachen des Möglichen.

ADIUVA

01.08.2025 · 5 Min Lesezeit
Datum/JahrEreignis
1974Geboren in Indien
1995–2014Internationale Beraterin der Anwaltskanzlei „Janssen and Associates“ in Toronto
Seit 2004Leiterin der interreligiösen Friedensförderung des „Center for World Religions, Diplomacy and Conflict Resolution“ (CRDC) der George Mason University in Virginia
2007Ernennung zur „Peacemaker in Action“
2009Erhalt des „Public Diplomacy Award“
2015Mitgründung des Bildungszentrums „Tastakel“
2017Teilnahme an „Genfer Friedensgesprächen über Syrien“
Seit 2017 Mitglied des Lenkungsausschusses der „Interreligiösen Plattform für Zusammenarbeit und Dialog in der arabischen Region“

Lehrerin für Frauen und Kinder im syrischen Idlib
März 2025Ernennung zur Ministerin für Soziales und Arbeit der zweiten syrischen Übergangsregierung

„Niemand sollte die syrischen Frauen unterschätzen“, betont Hind Kabawat immer wieder. „Sie sind sehr stark, sie lassen sich von niemandem herumschubsen.“ Wie viel Wahres in dieser Aussage steckt, machte Hind Kabawat selbst immer wieder vor.

Als internationale Beraterin betreute sie zahlreiche Unternehmen und Organisationen, trat aber auch als wichtige Persönlichkeit für den Dialog im Nahen Osten auf. Konflikte scheute sie dabei nicht, versuchte immer wieder, sich und ihre Positionen durchzusetzen. Nun behauptet sie sich als einzige Ministerin in der syrischen Übergangsregierung.

Aufgewachsen in gebildeter Familie

Hind Aboud Kabawat wurde 1974 in Indien geboren, wuchs aber im syrischen Damaskus auf. Sie stammt aus einer gebildeten, wohlhabenden, christlichen Familie. Ihr Vater war Diplomat, ihre Mutter Professorin. Der Vater umgab sich mit Schriftsteller*innen und Gelehrten. Davon profitierte auch seine Tochter, die bereits früh eine gute Bildung genoss.

Nach ihrem Schulabschluss studierte sie Wirtschaftswissenschaften an der Universität in Damaskus und Rechtswissenschaften an der Arabischen Universität in Beirut.

Zuhause zum Salon umgebaut

Hind Kabawat heiratete den syrischen Geschäftsmann Samer Kabawat und bekam mit ihm einen Sohn und eine Tochter. Ihre großzügige Residenz in der Altstadt von Damaskus verwandelte das Paar in einen Salon, der sich zu einem Treffpunkt für Schriftsteller*innen, Künstler*innen, Journalist*innen und Wissenschaftler*innen entwickelte.

In den 1990er-Jahren zog die junge Familie nach Kanada. 1995 begann Hind Kabawat, als internationale Beraterin in der Anwaltskanzlei „Janssen and Associates“ in Toronto zu arbeiten. Während dieser Tätigkeit, die sie bis 2014 ausübte, studierte sie erneut.

Weitere Uni-Abschlüsse und Zertifikate

An der Universität Toronto erwarb sie einen Abschluss in Konfliktlösungen und an der „Fletcher School of Law and Diplomacy“ der Bostoner Tufts University einen Abschluss im Fach Internationale Beziehungen. Sie erhielt zudem Zertifikate in Konfliktlösung und Verhandlungsstrategien von den Universitäten Toronto und Harvard.

Aufgrund ihrer diversen Qualifikationen und ihres diplomatischen Geschicks etablierte sich Hind Kabawat in den folgenden Jahren als wichtige Persönlichkeit für den Dialog zwischen verschiedenen Akteuren in Syrien und im gesamten Nahen Osten. Medien beschrieben sie immer wieder als eigensinnig und durchsetzungsfähig.

Hind Kabawat setzte sich für diplomatische Bemühungen, interreligiöse Toleranz, Zusammenarbeit, Reformen und Bildung ein. Sie arbeitete aber auch als Beraterin und Beiratsmitglied für die Weltbank und war Senior Program Officer am „United States Institute of Peace“ in Washington D. C.

Leiterin der „interreligiösen Friedensförderung“

Seit 2004 leitet Hind Kabawat die Abteilung „interreligiöse Friedensförderung“ des „Centers for World Religions, Diplomacy and Conflict Resolution“ (CRDC) der George Mason University in Virginia. Sie leitet ebenfalls die Syrien-Arbeit des Instituts und schreibt regelmäßig Beiträge für die US-amerikanische „Huffington Post“.

Bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien im Jahr 2011 pendelte Hind Kabawat regelmäßig zwischen Toronto, Damaskus und ihren Arbeitsstätten. Da sie jedoch eine offene Gegnerin des bis Ende 2024 regierenden Diktators Baschar al-Assad war, konnte sie zu ihrem eigenen Schutz ab 2011 nicht mehr nach Syrien reisen. Ausnahme war die Stadt Idlib, die nicht unter Kontrolle des Assad-Regimes stand.

Gründung eines Bildungszentrums

2015 gründete Hind Kabawat mit einigen anderen syrischen Frauen „Tastakel“, ein Bildungszentrum für Frauen und Kinder. Die Organisation verfolgt das Ziel, eine demokratische Gesellschaft auf der Grundlage von Respekt, Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit aufzubauen, und setzt dabei auf die Werte Gleichheit, Interreligiosität und Menschenrechte.

Für „Tastakel“ unterrichtete Hind Kabawat auch selbst: In Idlib schulte sie seit 2017 Tausende Frauen und Mädchen. Zu der dortigen Regierung von Ahmad Al-Scharaas Miliz „Tahir al-Scham“ suchte sie zunächst keinen direkten Kontakt. „Ich bin nach Idlib gegangen, um dort zu unterrichten, nicht, um mit der Regierung zusammenzuarbeiten“, sagte Hind Kabawat rückblickend in einem Interview.

Beratung der Regierung von Idlib

Einige ihrer Student*innen aber standen der Regierung nahe und empfahlen ihre Dozentin an diese weiter. In der Folge beriet sie die Regierung von Idlib in Frauen-, Menschenrechts- und Governance-Fragen.

Zudem war sie Mitglied des „Hohen Verhandlungskomitees für Syrien“ in Genf. 2017 nahm sie an allen acht Runden der „Genfer Friedensgespräche über Syrien“ teil. Seit jenem Jahr ist sie auch Mitglied des Lenkungsausschusses der „Interreligiösen Plattform für Zusammenarbeit und Dialog in der arabischen Region“ der zwischenstaatlichen Organisation „King Abdullah bin Abdulaziz Internationales Zentrum für Interreligiösen und Interkulturellen Dialog“ (KAICIID).

Ministerin für Soziales und Arbeit

Im März 2025 ernannte der syrische Interimspräsident Ahmad Al-Scharaas Hind Kabawat zur Ministerin für Soziales und Arbeit. Sie ist die einzige Frau in dem 22-köpfigen Kabinett.

Ihre Ernennung zur Ministerin gilt als Zeichen an den Westen. Kritiker belächeln sie hingegen als „Quotenfrau“. „Ich wurde wegen meiner Erfahrung ernannt“, weist Hind Kabawat jegliche Kritik an ihrer Ernennung zurück. „Ich habe vorher in Politik und Zivilgesellschaft gearbeitet und internationale Verhandlungen geführt“, betonte sie in einem Interview. „Ich kümmere mich nicht um all das Gerede.“

Auszeichnungen für diplomatische Friedensbemühungen

Für ihre internationalen Bemühungen wurde Hind Kabawat bereits mit renommierten Auszeichnungen bedacht: 2007 wurde sie vom New Yorker „Tanenbaum Center für Interreligious Understanding“ zur „Peacemaker in Action“ ernannt. Zwei Jahre später erhielt sie den „Public Diplomacy Award“ des CRDC der George Mason University in Virginia.

Hind Kabawat wohnt mit ihrem Mann nun wieder in der Altstadt von Damaskus. Einige Verwandte leben nach wie vor in Kanada, so auch ihre Kinder und Enkelkinder. „Unsere Kinder und Enkelkinder besuchen uns, solange ich meine Mission in der Übergangsregierung fortsetze, um das Land und seine Institutionen aufzubauen, die hoffentlich die Grundlage für ein starkes Land sein werden, wie ich es mir erträume“, gab sie in einem Interview persönliche Einblicke.

Wie hat Ihnen dieser Artikel gefallen?

1
0

27
1
23
×