Benachteiligung bei der Entfristung von Arbeitsverträgen bei Funktionsträger*innen

Immer wieder stellt sich in der Praxis die Frage, ob die Übernahme des Amtes als Gleichstellungsbeauftragte nicht dazu führt, dass eventuell befristete Arbeitsverträge der Amtsinhaber*innen durch die Arbeitgeber*innen zu entfristen […]

Inge Horstkötter

17.11.2025 · 4 Min Lesezeit

Immer wieder stellt sich in der Praxis die Frage, ob die Übernahme des Amtes als Gleichstellungsbeauftragte nicht dazu führt, dass eventuell befristete Arbeitsverträge der Amtsinhaber*innen durch die Arbeitgeber*innen zu entfristen sind. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich in seinem Urteil vom 18. Juni 2025 (Az. 7 AZR 50/24) damit beschäftigt, wie dies rechtlich zu sehen ist.

Das ist passiert: Betriebsratsmitglied forderte Entfristung seines Arbeitsvertrags

In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall ging es um ein Betriebsratsmitglied aus der Privatwirtschaft, das befristet beschäftigt war und auf Entfristung geklagt hatte. Die Entscheidung, die das BAG dazu getroffen hat, ist nach meiner Auffassung analog auch auf Beschäftigte anwendbar, die das Amt der Gleichstellungsbeauftragten bekleiden.

Die Arbeitgeberin in dem entschiedenen Fall hatte mit dem Beschäftigten Anfang 2021 einen auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag geschlossen, der später bis zum 14. Februar 2023 verlängert wurde. Der Angestellte wurde im Sommer 2022 in den Betriebsrat gewählt und war weiterhin im Rahmen seines befristeten Arbeitsverhältnisses tätig.

Beschäftigter erhielt keine Entfristung

Von 19 Beschäftigten, deren Arbeitsverträge zum 14. Februar 2023 ausliefen, erhielten 16 ein Angebot auf unbefristete Weiterbeschäftigung. Das befristet beschäftigte Betriebsratsmitglied erhielt ein solches Angebot nicht. Deshalb reichte der Mann eine Klage beim Arbeitsgericht ein. Er klagte gegen die Wirksamkeit der Befristung und beantragte hilfsweise, dass ihm ein unbefristeter Arbeitsvertrag von der Arbeitgeberin anzubieten sei.

Beschäftigter sah seine Betriebsratstätigkeit als Grund dafür, dass er nicht entfristet wurde

Der Beschäftigte argumentierte, dass die unterbliebene Entfristung im Zusammenhang mit seiner Betriebsratstätigkeit stehe. Er räumte zwar ein, dass anderen Betriebsratsmitgliedern ein unbefristeter Vertrag angeboten worden war, diese hätten aber anders als er nicht auf einer Gewerkschaftsliste kandidiert. Die Arbeitgeberin hielt entgegen, dass die Entscheidung aufgrund unzureichender Arbeitsleistung und des persönlichen Verhaltens des Beschäftigten getroffen worden sei und die Betriebsratstätigkeit dabei keine Rolle gespielt habe. In den Vorinstanzen war die Klage abgewiesen worden.

Das entschieden die Bundesrichter*innen: Revision des Beschäftigten wurde ebenfalls abgewiesen

Die Richter*innen des BAG führten aus, dass die Wahl eines befristet Beschäftigten in den Betriebsrat nicht automatisch zur Unwirksamkeit einer Befristung in einem Arbeitsvertrag führen könne. Jedes Betriebsratsmitglied sei laut § 78 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz hinreichend davor geschützt, in seiner Tätigkeit gestört oder behindert zu werden.

Die Richter*innen führten weiter aus, dass das Landesarbeitsgericht den Sachverhalt ausreichend geprüft und festgestellt habe, dass die Betriebsratstätigkeit keine Rolle bei der Entscheidung zur Entfristung gespielt habe. Die Klage sei rechtmäßig abgewiesen worden und die Revision könne daher keinen Erfolg haben.

Das bedeutet diese Entscheidung für Sie in der Praxis

Die Übernahme einer Betriebsratstätigkeit – und analog auch die Übernahme des Amtes als Gleichstellungsbeauftragte – führt nicht automatisch zu einer unwirksamen Befristung und verpflichtet Arbeitgeber*innen nicht zur Entfristung eines Arbeitsverhältnisses. Wenn jedoch glaubhaft gemacht werden kann, dass die Amtsübernahme wesentlich zur unterbliebenen Entfristung beigetragen hat, könnte dies als Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gewertet werden.

Eine solche Benachteiligung kann ggf. ein Grund dafür sein, dass Sie gegen Arbeitgeber*innen einen Schadenersatzanspruch haben. Das kann wiederum dazu führen, dass ihnen ein unbefristeter Arbeitsvertrag angeboten werden muss. Dies gilt gleichermaßen für ein Betriebsratsmitglied wie für Sie als Gleichstellungsbeauftragte. Die hierfür notwendige Beweisführung ist in der Praxis allerdings schwierig. Sie müssten als Gleichstellungsbeauftragte in dem Fall nachweisen, dass Sie aufgrund der Amtsübernahme kein Angebot auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten haben.

Befristung gefährdet Unabhängigkeit im Amt

Wenn Sie als Gleichstellungsbeauftragte oder auch als Stellvertreterin einen befristeten Arbeitsvertrag haben, ist Ihre Unabhängigkeit im Amt stark gefährdet. Dies erklärt sich wie folgt: Es kann Ihnen unter Umständen aufgrund unterschiedlicher gleichstellungsrechtlicher Auffassungen und damit verbundener Meinungsverschiedenheiten mit Ihrer Verwaltung oder Chefetage die Entfristung Ihres Arbeitsvertrags verweigert werden. Das aber könnte Sie bei der Amtsausübung hemmen und dazu führen, dass Sie Ihren gesetzlichen Auftrag nur mit Zurückhaltung wahrnehmen. Dies wäre sogar verständlich, denn schließlich gibt es noch ein Arbeitsleben, wenn Sie Ihr Amt als Gleichstellungsbeauftragte beenden.

Das können Sie tun, wenn Sie einen befristeten Arbeitsvertrag haben

Sie sollten der Dienststellenleitung dieses Dilemma bereits vor Ihrer Wahl bzw. Bestellung zur Gleichstellungsbeauftragten oder zur Stellvertreterin schildern und mit ihr besprechen, ob sie Ihren Arbeitsvertrag vor einer etwaigen Amtsübernahme entfristen kann. Sollte sie Ihnen das verweigern, sollten Sie gut darüber nachdenken, ob Sie sich unter diesen Bedingungen für das Amt zur Verfügung stellen. Schließlich kann die Amtsübernahme zu erheblichen Nachteilen führen und Sie sind daran gehindert, Ihr Amt unabhängig wahrzunehmen.

Mein Tipp: Beraten Sie Kolleginnen mit befristeten Arbeitsverträgen vor der Amtsübernahme
Sie sollten Kolleginnen, die einen befristeten Arbeitsvertrag haben und überlegen, sich für das Amt zur Verfügung zu stellen, bezüglich etwaiger Nachteile bei einer Entfristung beraten. abzubauen.

Fazit: Befristung erschwert Amtsübernahme
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zeigt, dass es schwierig sein kann, sich als Gleichstellungsbeauftragte zur Wahl zu stellen oder sich berufen zu lassen, wenn man einen befristeten Arbeitsvertrag hat.

Autorin: Inge Horstkötter

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