Urteilsdienst für den Betriebsrat 06.12.2024

Nr. 24 | Dezember II 2024

Schwerpunktthema: Vertrauensvolle Zusammenarbeit | Wie Sie eine konfliktarme vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Ihrem Arbeitgeber erreichen

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Anfechtung unbegründet: Betriebsratswahl bleibt gültig
Bei einer Betriebsratswahl kann der Wahlvorstand Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die sich zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl im Homeoffice oder in Kurzarbeit befinden und deshalb am Wahltag voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden, die Briefwahlunterlagen unaufgefordert zusenden. Einen Antrag benötigt er dafür nicht. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer aktuellen Entscheidung zur Betriebsratswahl im Volkswagenkonzern klargestellt (23.10.2024, Az. 7 ABR 34/23). Das Gericht hat damit entschieden, dass die Betriebsratswahl grundsätzlich gültig bleibt. Lediglich die Frage, ob und inwieweit Unterlagen auch an Mitarbeiter verschickt wurden, die vor Ort arbeiteten, muss das Landesarbeitsgericht Niedersachsen erneut prüfen.
Außertarifliches Gehalt muss nur wenig über dem Tarifgehalt liegen
Das Tarifrecht ist in einigen Bereichen sehr flexibel. So können die Tarifvertragsparteien festlegen, dass diejenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer außertariflich beschäftigt sind, die Gehälter bekommen, die die höchste tarifliche Entgeltgruppe überschreiten. Ein bestimmter Mindestabstand zu den höchsten Tariflöhnen muss dabei nicht eingehalten werden. Es reicht vielmehr ein geringer Mindestabstand. Das hat das Bundesarbeitsgericht kürzlich entschieden (23.10.2024, Az. 5 AZR 82/24).
Hier hatte der Arbeitnehmer Anspruch auf Schadenersatz
Nicht immer glauben Arbeitgeber ihren Mitarbeitern, dass diese tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt sind. Schnell hegen einige Arbeitgeber den Verdacht, dass ein Mitarbeiter eine Arbeitsunfähigkeit nur vortäuscht. Das ist nicht erst seit den Tesla-Hausbesuchen der Fall. Hat ein Arbeitgeber den Verdacht, dass ein Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeit nur vortäuscht, lassen die jeweiligen Arbeitgeber ihre Beschäftigten manchmal durch einen Detektiv observieren. Tut das ein Arbeitgeber allerdings unrechtmäßig, kann das teuer für ihn werden. Aber lesen Sie selbst, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem solchen Fall kürzlich entschieden hat (25.7.2024, Az. 8 AZR 225/23).
Wie Sie eine konfliktarme vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Ihrem Arbeitgeber erreichen
Die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Betriebsräten läuft selten immer einwandfrei. In vielen Betrieben hat sich im Laufe der Jahre eine partnerschaftliche Zusammenarbeit entwickelt. Konfliktfrei ist sie deshalb allerdings noch lange nicht. Das ist wiederum nicht weiter verwunderlich, da Sie als Betriebsrat und Ihr Arbeitgeber in der Regel konträre Positionen vertreten. Allerdings kommt es auch in an sich relativ reibungslos ablaufenden Beziehungen immer wieder zu schädigenden Auseinandersetzungen. Nehmen Sie das nahende Jahresende zum Anlass, zu prüfen, wo Sie die Zusammenarbeit mit Ihrem Arbeitgeber im neuen Jahr eventuell optimieren können.
EuG stärkt Schutz von Whistleblowern
Seit Mitte vergangenen Jahres sind Hinweisgeber nach dem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) vor Repressalien geschützt. Wie der Schutz aussehen kann, lesen Sie in der Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union (EuG) (11.9.2024, Rs. T-793/22).
Was können wir tun, wenn unser Arbeitgeber nicht antwortet?
Frage: Seit Jahren besteht in unserem Betrieb eine Betriebsvereinbarung zum Thema Arbeitszeiterfassung. Diese haben wir als Betriebsrat im Frühjahr dieses Jahres gekündigt. Aufgrund einer entsprechenden Regelung wirkt die Betriebsvereinbarung bis zum Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung zu diesem Thema nach. Das war unserem Arbeitgeber auch bewusst. Deshalb wurde relativ schnell nach der Kündigung an einer neuen Betriebsvereinbarung gearbeitet. Das ist mittlerweile über ein halbes Jahr her. Seitdem vertröstet uns unser Arbeitgeber.
Arbeitgeber will uns zur Nutzung eigener Geräte zwingen: Darf er das?
Frage: Unser Arbeitgeber will die Laptops bzw. die Zugänge zum firmeninternen System sicherer gestalten. Er möchte dazu u. a. ein System einführen, das erfordert, dass unsere Kolleginnen und Kollegen auf ihren privaten Handys eine App installieren und nutzen. Darf er die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zwingen, ihre privaten Mobiltelefone für betriebliche Zwecke zu nutzen?
Hier war die ordentliche Kündigung des Arbeitnehmers gerechtfertigt
Wer als Administrator einer privaten Facebook-Gruppe Inhalte postet, mit denen er andere Mitglieder bedroht, hier Gewerkschaftsmitglieder, riskiert eine Kündigung. Das musste kürzlich ein Straßenbahnfahrer vor dem Berliner Arbeitsgericht erfahren (7.10.2024, Az. 59 Ca 11420/24). Die Facebook-Gruppe richtete sich hier an eine spezifische Berufsgruppe einer großen Arbeitgeberin.
Arbeitsgericht Mainz stärkt Kündigungsschutz schwangerer Arbeitnehmerinnen
Ab Zugang einer Kündigung können Ihre Kolleginnen und Kollegen im Normalfall nur innerhalb von 3 Wochen Kündigungsschutzklage erheben. Das gilt grundsätzlich auch für schwangere Kolleginnen. Lediglich wenn eine Mitarbeiterin unverschuldet erst später erfährt, dass sie zum Zeitpunkt der Kündigung schwanger war, kann sie danach noch innerhalb von 2 Wochen klagen (§ 5 Kündigungsschutzgesetz). Doch diese Frist dürfte nun unwirksam sein. Das Arbeitsgericht (ArbG) Mainz hat zumindest unter Berufung auf ein EuGH-Urteil (27.6.2024, Rs. C-284/23) so entschieden (ArbG Mainz, 10.9.2024, Az. 4 Ca 1424/22).

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