Persönlichkeit des Monats - November 2025

Audre Lorde: Eine der bedeutendsten feministischen Protagonistinnen der 1970er- und 1980er-Jahre

Es gibt viele Frauen, die es auf ganz unterschiedlichen Gebieten weit gebracht haben. Dazu brauchte es Durchhaltevermögen und Stärke. Frauen, die sich entgegen allen Widerständen in Politik, Kunst und Wirtschaft einen Namen gemacht haben, schaffen damit neue Tatsachen des Möglichen.

ADIUVA

01.11.2025 · 5 Min Lesezeit

Lebenslauf

Datum/JahrEreignis
18.02.1934Geboren in Harlem, New York City
1951Schulabschluss an der Hunter College Highschool für Hochbegabte
1959Bachelor-Abschluss in Bibliothekswissenschaften an der Columbia University, New York
1961Master-Abschluss in Bibliothekswissenschaften an der Columbia University, New York
1962-1970Ehe mit Edward Ashley Rollins
1966-1968Leitende Bibliothekarin an der Town School Library, New York
ab 1968Dozentin für kreatives Schreiben am Togaloo College in Jackson, Mississippi
1968Finanzieller Zuschuss des „National Endowment for the Arts“
1974Erhalt des „National Book Award“ in der Kategorie Lyrik
1975Erhalt des „Broadside Poets Award“
Auszeichnung als „Frau des Jahres“ am Staten Island Community College
1978Krebsdiagnose
1980-1987Englisch-Professorin am Hunter College, New York
1988-1992Regelmäßige Besuche in Berlin, Gastprofessur an der Freien Universität Berlin
1991Erhalt der „Walt Whitman Citation of Merit“ und Ernennung zur „New York State Poet“
1992Erhalt des „Bill Whitehead Award“ für ihr Lebenswerk
17.11.1992Gestorben in Christiansted, Saint Croix, Jungferninseln


Ihre Gedichte waren für Audre Lorde ein Sprachrohr. Sie drückte mit ihrer Poesie nicht nur ihre eigenen Gefühle aus, sondern machte auch auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam. So wurde die Amerikanerin, die sich selbst als „Schwarze, lesbische, kriegerische Dichterin“ bezeichnete, eine der wichtigsten Protagonistinnen in der feministischen Bewegung der 1970er- und 1980er-Jahre.

Geboren und aufgewachsen in Harlem

Audre Geraldine Lorde wurde am 18. Februar 1934 im New Yorker Stadtteil Harlem geboren. Ihre Eltern, Linda Gertrude Belmar Lorde und Fredie Bryon Lorde, waren von den karibischen Grenadinen-Inseln in die Vereinigten Staaten von Amerika eingewandert.

Audre Lorde wuchs mit ihren zwei älteren Schwestern in sozial schwachen Verhältnissen auf und erfuhr täglich Rassismus. Als kleines Kind war Audre Lorde zudem sehbehindert: Wegen einer Augenerkrankung war sie stark kurzsichtig und in juristischem Sinne blind. Sie erholte sich aber davon und lernte bereits im Alter von vier Jahren mit Hilfe ihrer Mutter das Lesen.

Sie begann relativ spät zu sprechen, entdeckte dann aber bereits die Poesie als Ausdrucksform. Bis zum Alter von rund vier Jahren hat sie nach eigenen Aussagen nur in Gedichten gesprochen.

Abschluss an Highschool für Hochbegabte

Audre Lorde besuchte die Hunter College Highschool für Hochbegabte in New York und schrieb bereits seit ihrer Schulzeit Gedichte. 1951 machte sie ihren Schulabschluss, anschließend nahm sie das Studium der Bibliothekswissenschaften an der Columbia University in New York auf.

1954 ging sie für ein Auslandsjahr nach Mexiko und studierte an der Universität von Mexiko. Diese Zeit beschrieb sie später als sehr bedeutend für ihre Selbstbestätigung als homosexuelle Frau und Dichterin.

1959 schloss Audre Lorde ihr Studium an der Columbia University mit dem Bachelor-Abschluss ab, 1961 machte sie zusätzlich ihren Master-Abschluss.

Anstellung als leitende Bibliothekarin

Nachdem sie während ihres Studiums mit verschiedenen Jobs ihren Lebensunterhalt verdient hatte – sie hatte in einer Fabrik, als Ghostwriterin, Sozialarbeiterin, Röntgentechnikerin, Bürokraft und Lehrerin gearbeitet –, war sie bereits nach ihrem Bachelor-Abschluss als Bibliothekarin tätig. Fünf Jahre nach ihrem Master-Abschluss wurde sie im Jahr 1966 sogar zur leitenden Bibliothekarin an der Town School Library in New York befördert.

1962 heiratete Audre Lorde den weißen Anwalt Edward Ashley Rollins. Das Paar bekam eine Tochter, Elizabeth, und einen Sohn, Jonathan. 1968 ließen sich Audre Lorde und Edward Rollins wieder scheiden, die Kinder wuchsen bei ihrer Mutter auf.

Jahr 1968 war Meilenstein in ihrer Karriere

1968 gab Audre Lorde ihre Stelle als leitende Bibliothekarin auf, um mehr Zeit für ihre Dichtung und ihr Engagement in den feministischen und homosexuellen Bewegungen sowie in der Bürgerrechts- und Antikriegsbewegung zu haben. Sie erhielt zudem eine Stelle als Dozentin für kreatives Schreiben am Togaloo College in Jackson, Mississippi.

Dort lernte sie die Psychologin Frances Clayton kennen, beide wurden alsbald ein Paar. Mit ihrer Partnerin und ihren beiden Kindern Elizabeth und Jonathan lebte Audre Lorde bis in die 1980er-Jahre hinein gemeinsam in New York.

Das Jahr 1968 markiert auch einen Meilenstein in ihrer Karriere als Dichterin: Das „National Endowment for the Arts“, eine gemeinnützige, staatliche Einrichtung zur Förderung von Kunst und Kultur, bezuschusste sie finanziell. So konnte sich Audre Lorde verstärkt ihrer Poesie widmen. Während all der Jahre hatte Audre Lorde stets Gedichte geschrieben, die in den 1960er-Jahren regelmäßig veröffentlicht wurden.

Lyrische Auseinandersetzung mit Rassismus und Sexismus

In ihren Gedichten setzte sich Audre Lorde vor allem mit ihrem eigenen Dasein als Schwarze, lesbische Frau in einer rassistischen und sexistischen Gesellschaft auseinander. Ihre Poesie ist sehr stark gefühlsbetont, denn Dichtung war für Audre Lorde insbesondere ein Ventil für ihre eigenen Emotionen und ihre persönlichen Erfahrungen mit Rassismus und Sexismus.

„Ihr Schweigen wird Sie nicht schützen“, schrieb sie in einem Essay als Warnung an jene Unterdrückten, die nicht den Mut aufbringen, sich gegen das erfahrene Unrecht zu wehren. Mit ihren Werken wollte Audre Lorde zum einen ihre eigenen Erfahrungen verarbeiten und ihre Wut darüber in kreative Kraft umwandeln; zum anderen wollte sie aber auch allen Unterdrückten eine Stimme geben.

„Ich fing an zu schreiben, weil ich ein Bedürfnis in mir hatte, etwas zu schaffen, das nicht da war“, sagte sie. Und sie betonte: „Wenn Unterdrückung erst einmal als solche benannt worden ist, dann kann sie erfolgreich bekämpft werden.“

Krebsdiagnose in „Krebstagebüchern“ verarbeitet

1978 wurde bei ihr Brustkrebs diagnostiziert. Ihre Erfahrungen mit der Erkrankung und ihren Umgang damit beschrieb sie in „The Cancer Journals“, den „Krebstagebüchern“, die 1980 veröffentlicht wurden.

Ab 1980 arbeitete Audre Lorde als Englisch-Professorin am Hunter College in New York. Zwischen 1984 und 1992 war sie zudem regelmäßig in Berlin. Dort unterstützte sie die Entstehung einer afro-deutschen Bewegung maßgeblich mit. Zeitweise arbeitete sie zudem als Gastprofessorin am John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien an der FU Berlin. Über ihre „Berliner Jahre“ erstellte die Soziologin Dagmar Schultz den Dokumentarfilm „Audre Lorde – The Berlin Years“, der 2012 erschienen ist.

Mehrfache Auszeichnungen

Für ihre Werke wurde Audre Lorde mehrfach geehrt: Bereits 1974 erhielt sie von der American Booksellers Association den „National Book Award“ in der Kategorie Lyrik, einen der renommiertesten Literaturpreise der USA, in der Kategorie Lyrik. Ein Jahr später wurde sie von der Detroiter Broadside Press mit dem „Broadside Poets Award“ und vom Staten Island Community College als „Frau des Jahres“ ausgezeichnet.

1991 verlieh ihr der Publishing Triangle, ein amerikanischer Verband homosexueller Menschen, den Literaturpreis „Bill Whitehead Award“ und ehrte damit ihr Lebenswerk innerhalb der LGBTQ-Gemeinschaft. Im selben Jahr wurde sie von der Stadt New York zur „New York State Poet“ ernannt.

Krebs kehrte mit Lebermetastasen zurück

Sechs Jahre nach ihrer ersten Diagnose kehrte der Krebs zurück, es hatten sich Metastasen in der Leber gebildet. Audre Lorde entschied sich gegen eine Biopsie und konventionelle Behandlungen und stattdessen für alternative Heilmethoden und ein Leben mit der Krebserkrankung. Ihre Schaffenskraft blieb ungebrochen, sie schrieb weiterhin Gedichte.

„Ich werde Feuer schreiben, bis es mir zu den Ohren, den Augen, den Nasenlöchern, ja überall herauskommt. Bis jeder meiner Atemzüge brennt wie ein verdammter Meteor“, schrieb sie.

Bereits seit den 1980er-Jahren war die Insel St. Croix in der Karibik zu ihrem Zweitwohnsitz geworden, in ihren letzten Lebensjahren lebte sie mit ihrer Lebensgefährten Gloria Joseph, einer feministischen Schriftstellerin, sogar überwiegend dort. Am 17. November 1992 verlor Audre Lorde mit nur 58 Jahren den Kampf gegen den Krebs und starb in Christiansted, St. Croix.

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